In der Stockhammergasse in Wien Penzing gilt das Pickerl schon seit Oktober. Seit 1. Jänner haben die Anrainer auch in den Nebenstraßen große Auswahl bei den Parkplätzen - die Pendler hingegen müssen ausweichen.

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Wien - Im unteren Abschnitt der Bujattigasse in Wien-Penzing schlängelt sich das Alphabet der Autokennzeichen den Hüttelberg hinauf: Von AM bis PL ist alles vertreten, was nahe liegende Bundesländer zu bieten haben. Auch "richtig" ausländische Parker aus Deutschland, der Slowakei oder Polen suchen und finden Unterschlupf in einer der letzten pickerlfreien Bastionen.

Seit die Kurzparkzonen mit 1. Jänner noch näher an die Stadtgrenze reichen, genießen ein paar Straßen weiter die Anrainer mit Pickerl freie Platzwahl. "Vorher war das schon oft ein Problem", erzählt ein älterer Mann, der in einer der Neo-Pickerlzonen wohnt. Vor allem bei Veranstaltungen der ansässigen Montessori-Schule sei alles "mit Autos aus der Provinz" zugeparkt gewesen. Ginge es nach ihm, würde es ein Pickerl für ganz Wien geben, mit dem man in allen Bezirken parken darf. "Vassilakou und Häupl sollen nicht so rumzitzeln, die trauen sich zu wenig", meint er.

Anders sieht es ein Ehepaar, die ein gutes Stück weiter oben in der Bujattigasse wohnen. Weil es dort keine öffentliche Anbindung gibt, würden zwar kaum Pickerlflüchtlinge stehen. "Aber für die Anrainer ist das eine Frechheit", meint die Frau. "Wenn das Pickerl bis zu uns kommt, werden die Politiker geköpft", sagt sie resolut.

Eine junge Frau spaziert rauchend von der Straßenbahnhaltestelle den Berg hinauf. Sie selbst würde das Thema Parken nicht besonders tangieren, sagt sie. Schließlich sei sie öffentlich unterwegs zu ihrem Arbeitsplatz in Penzing. Ihre Kollegin allerdings müsse einige Umstellung in Kauf nehmen. Die wohne nämlich in einem anderen Bezirk und bekomme daher kein Pickerl.

Weil die Kollegin nicht gut öffentlich nach Penzing komme, könne sie schlecht auf das Auto verzichten. Jetzt kreise sie mit den anderen Pendlern in den freien Abschnitten und marschiere dann entsprechend lang zu Fuß ins Büro. "Das ist das einzige Manko, dass es keine Ausnahmeregelung für Arbeitnehmer - zumindest während der Arbeitszeit - gibt," findet die junge Frau.

In den neuen Zonen in Penzing, Ottakring und Hernals zeigt sich allerorts ein ähnliches Bild: Die Autos haben meist Wiener Kennzeichen, dazwischen klaffen oft einige Meter Freiraum. Das könne sich jedoch noch ändern, kommentiert Robert Pschirer (SP) von der Bezirksvertretung Penzing den Stand der Dinge. "Jetzt sind erst alle wieder aus dem Urlaub zurückgekehrt." Die Beschwerden hielten sich jedoch in Grenzen: "Es ist wie bei der ersten Ausweitung im Oktober. Vorher sind viele skeptisch, danach erkennen die meisten die Vorteile der Parkraumbewirtschaftung."

Bei den Geschäftsstraßen würde man prüfen, ob die überall notwendig sind. Damit käme der Bezirk auch einer Forderung der Wirtschaftskammer nach. Geschäftsstraßen sind, anders als reguläre Kurzparkzonen, auch am Samstag bis 12 Uhr gebührenpflichtig, das Auto darf maximal für 1,5 Stunden abgestellt werden. Eine Lösung für die Pendler aus der Umgebung zu finden, liege allerdings nicht beim Bezirk, findet Pschirer. "Hier brauchen wir ein Konzept für ganz Wien."

Karawane zieht weiter

Das kleine Einmaleins der Parkpickerl-Karawane stimmt auch bei der Ausweitung der Ausweitung: im Penzing gegenüberliegenden Bezirk Hietzing, wo das Parken nichts kostet, tummeln sich die Pendler und Wiener Pickerl-Ausweicher. "Es wird immer grauslicher", schimpft ein Pensionist. Er plädiert dafür, dass die Menschen von außerhalb fürs Parken zahlen sollen - nicht die Wiener. Eine vorbeigehende Passantin pflichtet ihm bei: "Ois a Blödsinn mit dem Pickerl."

Wenn im Februar die Hietzinger gemeinsam mit dem Währingern über ein Konzept abstimmen sollen, fühlt sich Unternehmer Christoph Cecerle von der Stadt erpresst. Er lebt und arbeitet im 13. Bezirk, seit Jahresbeginn findet er weder zu Hause noch bei seinem Büro einen Parkplatz. "Das ist alles blanker Wahnsinn." (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 8.1.2013)