Nicht nur ausgewogen muss die Übernahmekommission entscheiden, sondern vor allem schnell und auch kapitalmarktgerecht.

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Wien - Zumindest für die Übernahmekommission der Wiener Börse könnte nun doch ein Weg vorbei am neuen Bundesverwaltungsgericht führen. Das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, das bis Anfang 2014 die Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts und von neun Verwaltungsgerichten der Länder als Instanzenzug für Beschwerden gegen Verwaltungsbescheide vorsieht, dürfte für die Übernahmekommission nicht gelten. Zumindest wird im Justizministerium intensiv an Alternativen für den Instanzenzug gearbeitet. Das erfuhr der Standard aus Justizkreisen.

Der Grund für die Ausnahme: Die neuen Verwaltungsgerichte sind für rasche Entscheidungen, wie sie die Übernahmekommission im Fall börsennotierter Gesellschaften treffen muss, wenig oder nicht tauglich. Denn dann würden Einsprüche gegen Entscheidungen der Übernahmekommission im Fall von Firmenübernahmen zu lang dauern. Auch mangle es dem neu zu schaffenden Bundesverwaltungsgericht an Gesellschaftsrechtskompetenz sowie Vertrautheit mit dem Geschehen des Kapitalmarkts, wird in Kreisen der Übernahmekommission und unter Gesellschaftsrechtsexperten gegen den 2010 geschaffenen Instanzenzug argumentiert.

Oberster Gerichtshof

Als alternativer Weg für den Rekurs, der bisher ausschließlich zum Verwaltungsgerichtshof geführt hat und relativ zeitaufwändig war, gilt nun der Oberste Gerichtshof (OGH). Er soll bei der Bekämpfung von Bescheiden der als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag konzipierten Übernahmekommission (ÜbK) zur höheren Instanz werden. Als Sonderbehörde ist die ÜbK rechtlich grundsätzlich vollkommen unabhängig und weisungsfrei - wie ihre "Schwesterbehörden" Telekom Control Kommission, E-Control oder Schienen Control auch.

Für die Aufrechterhaltung der bisherigen Sonderstellung spricht die Übernahmerichtlinie, derzufolge Verfahren rasch durchzuführen und vor allem endgültig abzuschließen sind. Andernfalls würde die Zielgesellschaft im Übernahmefall in ihrer Geschäftstätigkeit behindert. Aktionäre wiederum sollen sich bei Annahme eines Übernahmeangebots oder einer Verkaufsentscheidung auf behördlich festgestellte Sachverhalte berufen können.

Die Übernahmekommission besteht aus zwölf nebenberuflichen Mitgliedern und einer Geschäftsstelle. Ihr obliegt die Kontrolle des gesamten Angebotsvorganges eines Übernahmeangebots sowie die Beurteilung der Frage, ob ein Pflichtangebot zu stellen ist. Vorsitzender der ÜbK ist Gesellschaftsrechtler Martin Winner von der Wirtschaftsuni Wien.

Der OGH habe deutlich mehr Expertise im Gesellschaftsrecht und sei in seinen Entscheidungen auch deutlich schneller als das auf Verwaltungsrechtsmaterien spezialisierte Bundesverwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof. Ob der nun kreierte alternative Gerichtsweg tatsächlich beschritten wird, hängt letztlich vom Justizministerium ab. Entsprechende Gespräche seien auf konstruktivem Weg, gibt man sich in Regierungskreisen optimistisch, rechtzeitig vor Installation des Bundesverwaltungsgerichts bis Anfang 2014 zu einer Lösung zu kommen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 2.1.2013)