Eine frühe Version von Jollas "Sailfish OS" auf einem Nokia N950 - später soll dies auf eigener, neuer Hardware laufen.

Foto: Engadget

Als Nokia Anfang 2011 einen radikalen Wechsel seiner Plattformstrategie - und damit einhergehend die volle Konzentration auf Microsofts Windows Phone - verkündete, war dies nur ein begrenzt überraschende Entscheidung. Immerhin hatte das Unternehmen über die Jahre immer deutlicher den Anschluss an die Smartphone-Konkurrenz von Apple und Google verloren, sah sich mit einbrechenden Marktanteilen konfrontiert.

Nokia N9

Und doch hatte dieses Timing etwas besonders Tragisches an sich: Stellte man doch nur wenige Monate später mit dem Nokia N9 ein auf dem eigenen Linux-basierten Betriebssystem MeeGo aufsetzendes Gerät vor, das in den Besprechungen praktisch durchwegs äußerst positiv wegkam. Das passte natürlich nicht so recht in Nokias kommunizierte Pläne, also wurde das N9 nur in wenigen Märkten angeboten - schaffte es aber dennoch zum "Kulthit".

Jolla

Eine solche Situation ist bestens dazu geneigt, "Was wäre wenn"-Fragen aufzuwerfen, nicht zuletzt dadurch befördert, dass Nokias Windows-Phone-Ambitionen bisher nur von begrenztem Erfolg gekennzeichnet sind. So streicht etwa das Wall Street Journal heraus, dass die neuen Lumia-Geräte nur knapp einen Monat nach dem Markstart schon zu reduzierten Preisen verkauft werden. Auch wenn sich Nokia demonstrativ äußerst zufrieden mit den aktuellen Absätzen zeigt, und einen solchen Schritt als "marktüblich" bezeichnet, bleibt doch der Umstand, dass man den Niedergang anderer Nokia-Sparten mit den Windows-Phone-Verkäufen bislang nicht ausgleichen konnte.

Erster Blick

Das finnische Startup Jolla, das sich vornehmlich aus ehemaligen Nokia-EntwicklerInnen rekrutiert, will zumindest teilweise die Frage nach einer alternativen Realität beantworten, und mit dem MeeGo-Nachfolger "Sailfish OS" den Markt erobern. Diese Ambitionen hat das Startup zwar schon vor einigen Monaten erstmals kundgetan, nun wurde aber dem Tech-Blog Engadget erstmals ein Blick auf das Kommende gewährt. In einem Video werden die grundlegenden User-Interface-Konzepte vorgeführt, also vor allem die Nutzung des neuen Home Screens, sowie der Benachrichtungsbereich, der in den Apps durch einen Swipe vom rechten Bildschirmrand her aufgerufen werden kann.

Ambiance

Ebenfalls auffällig ist das "Ambiance"-Konzept des User Interfaces, Schriftfarbe und grafische Elemente passen sich automatisch an das Hintergrundbild an. Das gesamte Demo wurde übrigens auf einem Nokia N950 durchgeführt - also einem mittlerweile beinahe zwei Jahre alten Smartphone mit SIngle-Core-CPU. In Zukunft soll es aber natürlich eigene, neue Hardware von Jolla und dessen Partnern geben.

Proprietäre Bestandteile

Bei dem User Interface handelt es sich um eine komplette Neuentwicklung, da Nokia die entsprechenden Komponenten unter einer proprietären Lizenz entwickelt hat. Diesen Ansatz behält auch Jolla bei, das Sailfish OS sei ein freies Betriebssystem mit proprietären Komponenten, so Co-Firmen-Gründer Sami Pienimaki in einem aktuellen Q&A mit dem Wall Street Journal.

Ausrichtung

In dem Gespräch verrät Pienimaki auch, dass Jolla derzeit mit 50 Angestellten noch ein recht überschaubares Unterfangen ist, aktuell aber gerade dabei sei zu expandieren. Zudem stellt er klar, auf welches Marktsegment, es sein Unternehmen abgesehen habe: Die Premium-Sparte. Man wolle vor allem Leute ansprechen, die etwas außergewöhnliches suchen, mit einem Low-Cost-Konzept (wie es etwa ein anderer aktueller Smartphone-Zugang, Mozillas Firefox OS, probiert, Anm.), würde Jolla schnell umbringen, zeigt sich Pienimaki überzeugt. (red, derStandard.at, 30.12.12)