Nicht nur der von den Maya prognostizierte Weltuntergang ist ausgeblieben, auch viele Vorhersagen der Top-Ökonomen und Analysten für 2012 haben sich als falsch erwiesen. Eine Sammlung kleinerer und größerer Fehltritte zu Konjunktur und Aktien.

Wien - Der US-Nobelpreisträger Paul Krugman war sich im Mai ziemlich sicher: Der Zusammenbruch der Eurozone könnte unmittelbar bevorstehen, schrieb Krugman damals in seiner New York Times Kolumne unter dem Titel " Apocalypse Fairly Soon". Das Ende der Währungsunion sei nicht mehr eine Frage von Jahren, sondern von Monaten.

Krugman war nicht der einzige Ökonom, der sich zu gravierenden Fehleinschätzungen verleiten ließ. Im Juni verkündete der Milliardär George Soros, dass Deutschland noch drei Monate Zeit bleibe, um eine Trendwende in der Eurokrise zu schaffen. Weder sind die Deutschen umgeschwenkt, noch können sich Banken wie gefordert beim Rettungsschirm bedienen. Der Euro ist dennoch nicht kollabiert. Als völlig falsch erwiesen hat sich auch die Prognose der Citigroup: Der Chefökonomen der Bank, Willem Buiter, prophezeite im Juli, dass Griechenland am 1. Jänner 2013 aus der Eurozone austreten werde.

Überhaupt gilt: Den Tipps von Bank- und anderen Analysten sollte niemand blind vertrauen. So gab Goldman Sachs im Dezember 2011 eine Empfehlung für die "Top Trades" des Jahres 2012 heraus. Goldman empfahl seinen Kunden zum Beispiel zehnjährige deutsche Staatsanleihen zu verkaufen. Die Rendite für die Anleihen war Ende 2011 extrem niedrig, die Experten der Bank rechneten mit einem Anstieg des Zinsniveaus bei den Papieren. Wenn bei Anleihen die Zinsen steigen, fallen die Kurse, weshalb der Verkaufstipp gut gemeint war. Tatsächlich aber ist die Rendite bei zehnjährigen deutschen Anleihen 2012 noch weiter gefallen - von 1,80 auf 1,30 Prozent: Wer nicht verkauft hat, konnte also massive Kursgewinne verbuchen. Ähnlich verlief es bei den Anleihen der Krisenländer, vor denen die Mehrheit der Experten abriet. Portugiesische und griechische Bonds erwiesen sich 2012 dann als echter Renner.

Vertan hat sich Goldman zudem beim Schweizer Franken. Im September 2011 hatte die Schweizer Notenbank angekündigt, den Franken an den Euro zu koppeln. Sie legte dafür einen Mindestkurs fest, ein Euro muss demnach künftig mindestens 1,20 Franken kosten. Goldman sagte voraus, dass der Appetit der Investoren nach Franken erloschen dürfte und die Notenbank ihre Politik aufgeben wird. Ende 2012 werde ein Euro 1,35 Franken kosten, doch es blieb bei der Relation 1,20.

Das ist freilich noch harmlos im Vergleich zur Saxo Bank, die einen Absturz der Schweizer Währung auf 1,50 prognostizierte. Die dänische Bank hat sich aber auch sonst ziemlich vertan, indem sie beispielsweise einen Einbruch der Apple-Aktie um 50 Prozent voraussagte. Allerdings bezeichnete die Bank ihren Ausblick selbst als ungewöhnliche Gedankenspiele. Das Eintreten der Prognosen sei freilich nicht ganz unwahrscheinlich.

Auch für 2013 bietet die Bank ungewöhnliche Szenarien: Der Goldpreis korrigiert auf 1200 Dollar, der Dax bricht um ein Drittel ein, und der Schweizer Franken wertet auf 0,95 Euro auf...

Nicht viel besser erging es übrigens im vergangenen Jahr den Profis von Morgan Stanley, die für 2012 einen Rückgang des europäischen Aktienmarktes um sieben Prozent sowie eine relativ schlechte Performance von Bankenwerten vorhersagten.

Geirrt haben sich aber nicht nur Banker. Fast alle Vorhersagen für 2012 haben sich als zu optimistisch erwiesen. So prognostizierte der Internationale Währungsfonds Ende des vergangenen Jahres, ein Wachstum von 1,1 Prozent für die Eurozone. Derzeit sieht so aus, als wäre die Eurozone 2012 leicht (minus 0,4 Prozent) geschrumpft. (szi, as, DER STANDARD, 29./30.12.2012)