Der Appell erinnert an die Mahnung, die Fernsehkaiser Robert Palfrader seinen Untertanen mitgibt: Sie müssen "auch einmal ein bissl brav sein", wünscht sich Heinz Fischer fürs Wahljahr 2013 von seinen weniger staatstragenden Kollegen in der Politik. Bewerkstelligen will der Präsident dieses Kunststück mit einem Fairnessabkommen, das alle Parteien unterzeichnen sollen.

Abrüstungsideen tauchen vor Wahlkämpfen so verlässlich auf wie gute Vorsätze zu Silvester - und sind genauso rasch wieder vergessen. Kostengrenzen lassen sich über Umwege durchbrechen, Ethikparagrafen nach Gutdünken dehnen. Kein Kampagnenchef mit Zug zum Tor verzichtet wegen eines folgenlosen Vertrags auf eine hinterfotzige Pointe, wenn diese einen Wahlkampfschlager verspricht. Derartige Selbstbeschränkungen haben Wadlbeißereien in der Vergangenheit nie verhindert, sondern bestenfalls verlagert: Die Parteien zanken sich dann eben um die Frage, wer das Fairnessabkommen wie verletzt hat.

Genau solche Dispute sind es aber, die viele Bürger ankotzen: Parteien sollen, gerade in Wahlkämpfen, ruhig streiten, dass die Fetzen fliegen - aber bitte nicht um eigene Befindlichkeiten, sondern über Probleme, die auch Menschen außerhalb der politischen Kaste unter den Nägeln brennen. Da braucht es keinen Weisenrat, der mit gekreuzten Fingern geleistete Gelübde überwacht, denn eine ausgewogen besetzte Jury gibt es bereits: die Wähler. (Gerald John, DER STANDARD, 27.12.2012)