(Ein Weihnachtsbaum. Die Kerzen brennen. Vor dem Weihnachtsbaum Jakob, fünf. Hinter ihm seine Mutter und seine Großmutter, hinter diesen, im Türrahmen lehnend und mäßig angetrunken, sein Großvater.)
JAKOB (aufsagend): Von drauß' vom Walde komm ich her, ich muss euch sagen, es -
GROSSVATER: Wo kommt er her?
GROSSMUTTER (flüsternd): Drauß' vom Walde.
JAKOB: - weihnachtet sehr!
GROSSVATER: Blödsinn. Von Laab im Walde kann er kommen, von Brunn am Gebirge, aber Draus vorm Walde gibt's nicht.
JAKOB: Allüberall auf den Tannenspitzen -
GROSSMUTTER: Das ist keine Ortschaft. Er ist der Weihnachtsmann und kommt vom Wald draußen, verstehst du?
JAKOB: - sah ich goldene Lichtlein sitzen ... blitzen ...
GROSSVATER: Wieso ist er der Weihnachtsmann? Es gibt überhaupt keinen Weihnachtsmann.
GROSSMUTTER: Still! Er glaubt doch noch dran!
JAKOB: Goldene Lichtlein blitzen.
GROSSVATER: An den Weihnachtsmann?
GROSSMUTTER: Ja.
JAKOB: Sitzen.
GROSSVATER (zu sich, leise): Trottel.
JAKOB: Und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor.
GROSSVATER: Also, das geht aber gar nicht. Meinetwegen soll er an den Weihnachtsmann glauben, aber dann kann's nicht gleichzeitig ein Christkind geben, das muss sogar ihm klar sein.
MUTTER: Jetzt halt endlich das Maul, du seniler, ang'soffener Trottel!
JAKOB (stürmt weinend aus dem Zimmer)
GROSSVATER (zur Mutter): Hast du's wieder einmal geschafft. Bravo.
(Vorhang)
(Antonio Fian, DER STANDARD, 22./23.12.2012)