Hannes Schneider in Bronze, als käme er vom Berg.

Foto: Rhomberg

Stuben - Die Skier auf der Schulter, eine Zigarette im Mund, den Berg im Blick. Nahe dem "Fuchsloch", seinem Geburtshaus in Stuben, steht der bronzene Hannes Schneider im Schnee, als wäre er gerade unterwegs zur nächsten Skitour. Schneider (1890-1955) schuf mit seinem Mentor, dem Touristiker Rudolf Gomperz aus St. Anton, die Grundlagen des modernen Skisports und Skiurlaubs.

Hannes Schneider war der erste Skilehrer, Skischulgründer und der Erste, der mit halsbrecherischen Abfahrten Action in den Spielfilm brachte. Er begründete die Arlberg-Kandahar-Rennen, organisierte mit Rudolf Gomperz die ersten Skiurlaube. Der Lustenauer Bildhauer Udo Rabensteiner inszeniert den Skipionier als Mann aus dem Dorf. 73 Jahre nachdem Schneider in die USA flüchten musste, erinnert sich Stuben an seinen "größten Sohn", wie Bürgermeister Dietmar Tschohl Hannes Schneider nennt.

Die Nationalsozialisten setzten der Erfolgsgeschichte Schneiders 1938 ein jähes Ende. Schneider wurde verhaftet, weil er keine illegalen Nazis in seiner Skischule geduldet hatte, Geschäftspartner und Freund des Juden Gomperz war, mit jüdischen Regisseuren wie Arnold Fanck Bergfilme gedreht hatte. Nachdem er auf Druck internationaler Skisportfunktionäre aus der Haft entlassen werden musste, verfolgten ihn die neuen Machthaber weiter. Er wurde beschimpft, verleumdet und über Medien bedroht. 1939 flüchtete er mit seiner Familie in die USA und machte als Entwickler des Skigebiets North Conway Karriere.

Nach dem Krieg habe er ihre Familie in Stuben besucht, erinnert sich Rosemarie Schneider, die am Freitag das Denkmal enthüllte. Geschichten über ihren Onkel sind der 70-jährigen Bludenzerin nicht zu entlocken: " Da gibt's nicht viel zu erzählen. Ein-, zweimal im Jahr hat er meinen Vater besucht. Wir Kinder durften zwar am Tisch sitzen, mussten aber ganz still sein. Das war's dann." Warum der Bruder des Vaters in den USA lebte, war in der Familie kein Geheimnis: "Die Nazis haben ihn vertrieben, natürlich hat man darüber geredet."

In den Gemeinden Stuben und St. Anton schwieg man lieber. Erst 2005, zu seinem 50. Todestag, wurde in den beiden Arlbergdörfern die erste Ausstellung zum Leben und Wirken des erfolgreichen, aber in seiner Heimat unerwünschten Mannes gestaltet. Weitere sieben Jahre vergingen, bis das damals angedachte Denkmal realisiert wurde. Auf Eigeninitiative engagierter Bürger, die auch das Geld dafür sammelten.

Keine Karriere ohne Gomperz

Über das Leben von Hannes Schneider informiert eine Ausstellung in fünf Stubener Hotels. Christof Thöny, Leiter des Klostertalmuseums, hat sie kuratiert. Er zeichnet auf Schautafeln und alten Fotografien Schneiders Kindheit und Jugend in Stuben nach.

Hannes Schneider entdeckte seine Leidenschaft für den Skisport schon als Achtjähriger. Damals beobachtete er einen Mann mit Brettern im Schnee. Er überredete den örtlichen Schlittenbauer, ihm solche Bretter zu machen. Mit 16 Jahren gewann er sein erstes Skirennen, mit 20 die Schweizer Skimeisterschaften. Und dann ging es rapide bergauf.

Ein Stubener Hotelier stellt ihn als Skilehrer an, die Basis für die erste Skischule wird geschaffen. Schneider entwickelt mit seinem Gönner Rudolf Gomperz die Arlberg-Skitechnik, die beiden bieten die ersten einwöchigen Skikurse mit Urlaubsaufenthalt in St Anton an. "Ohne Gomperz wäre Schneider nicht zum erfolgreichen Mann geworden", sagt Museumschef Christof Thöny.

Rudolf Gomperz, der jüdische Touristiker und Seilbahnpionier, der seiner Zeit weit voraus war, konnte die Karriere seines Schülers nicht erleben. Er wurde 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinec ermordet. " Und bis heute nicht wirklich rehabilitiert", merkt Thöny an. "Die Arlberg-Skitechnik wird immer nur mit Schneider assoziiert, Gomperz wird vergessen." (Jutta Berger/DER STANDARD, 22./23. 12. 2012)