Schweinespeck am Wörthersee-Ufer: "Der Zigeunerbaron" in Klagenfurt.

Foto: Stadttheater Klagenfurt

Klagenfurt - Die Zeit des Zigeunerbarons scheint endgültig abgelaufen - das war anlässlich der Inszenierung der Strauß-Operette im Stadttheater Klagenfurt wieder einmal glasklar. Obwohl Regisseur Sam Brown den ungarisch-österreichischen Schmachtfetzen in ein Strandbad am Wörthersee verlegt und dadurch versucht, ihn in die Gegenwart zu versetzen, ist das Stück inhaltlich nicht mehr trag- und ertragbar.

Sándor Barinkays ungarische Familie musste einst vor den türkischen Eroberern fliehen. Jahre später kehrt er nun in seine Heimat zurück; das Schloss der Familie ist zu einer Ruine verfallen. Als die Zigeunerin Czipra in Barinkay den Sohn des ehemaligen Gutsbesitzers erkennt, ernennen ihn die im Ort ansässigen Zigeuner zu ihrem Baron

Wenn die österreichische Jazzgröße Harri Stojka, der Sohn eines Holocaust-Überlebenden, eine Initiative startet, um dem Gebrauch des Schimpfwortes "Zigeuner" endgültig ein Ende zu setzen, und sich die österreichischen Roma-Vereine auf die Eigenbezeichnung "Roma" geeinigt haben, wäre es nur logisch, dass das Theater als humanitärer Sensor bei der Stückauswahl mehr Mut zeigt. Operetten wollen per se nicht die Welt verändern, aber gute Unterhaltung sollte auch inhaltlich Niveau zeigen und nicht tausendfach wiederholte Klischees bedienen.

Die ansonsten durchaus ideenreiche Brown-Inszenierung versetzt die Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem Schloss der Barinkays spielende Handlung in "Paschas Paradies", wo statt der ursprünglichen Schweine Touristen von Karaoke zu Themenabenden und von Animation zu Animation getrieben werden.

Die in jeder Phase bildlich durchkomponierte Inszenierung in Annemaries Woods' beeindruckender Bühne wird getragen von einer soliden gesanglichen Performance (Stefanie C. Braun als Saffi, Mehrzad Montazeri als Sándor Barinkay und Juan Carlos Falcón als Notar) und dem durchwegs in Badekleidung schauspielenden Chor.

Es bleibt jedoch die Frage, ob sich der Aufwand fürs Theater langfristig gelohnt hat. Denn das Stück gehört, wie das Kinderbuch über die "Zehn kleinen N.", ins Archiv.    (Sabina Zwitter, DER STANDARD, 21.12.2012)