Unbestritten ist die Wichtigkeit einer Plattform für die Opfer kirchlicher Gewalt. Viel zu lange ist über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche geschwiegen worden. Und zu schwer waren die Traumata bei den Opfern, um offen über das Geschehene zu reden. Viele wurden aber auch einfach nicht gehört. Ihnen gab etwa die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" eine laute Stimme. Die Kirche musste Buße tun. Ein spätes Mea Culpa - und endlich auch finanzielle Entschädigungen.

Doch irgendwann seit der Gründung am Karfreitag 2010 hat die Plattform beschlossen, ihr Repertoire zu erweitern. Zur Unterstützung der Opfer mischte sich mehr und mehr allgemeine Kritik an der katholischen Kirche. Österreichs Atheisten waren begeistert - das Ergebnis ist ein Zusammenschluss diverser Gruppen, die sich jetzt als "Initiative gegen Kirchenprivilegien" mittels Kirchenvolksbegehren für mehr religiöse Neutralität des Staats stark machen.

Die Kritik an staatlichen Subventionen für Religionsgemeinschaften wird in einem Atemzug mit sexuellen Missbrauch genannt. Die nötige Differenzierung fehlt völlig: Gegen Gewalt und Missbrauch zu sein bedarf keiner Diskussion und schon gar keines Volksbegehrens. Ob nun die Trennung zwischen Kirche und Staat in Österreich ausreichend vorhanden ist, lässt sich hingegen sehr wohl diskutieren. Die beiden Bereiche zusammenzuspannen ist billiger Populismus. Ein Stimmenfang auf Kosten der Opfer. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 21.12.2012)