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Foto: EPA/Tischler

Wien - Gregor Schlierenzauer spricht über die kommende, spannende Tournee, die seiner Ansicht nach erst mit dem letzten Sprung in Bischofshofen entschieden wird, über den Adrenalinrausch und die noch größere Sensibilität des Skispringens durch die engeren Anzüge.

Wie sehen Sie Ihre persönliche Ausgangsposition vor der Tournee, auch im Vergleich zum Vorjahr?

Schlierenzauer: "Ich bin gelassener und habe null Druck, weil ich letztes Jahr schon gewonnen habe. Das kann beflügeln. Damals ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen, weil ich mir einen Kindheitstraum erfüllt habe. Heuer komme ich mit drei Siegen und zum ersten Mal mit dem Gelben Trikot, das ist eine lässige Motivation. Das ganze Feld liegt extrem dicht beisammen, daher wird es eine lässige, spannende Tournee."

Hat sich Ihre Herangehensweise in den vergangenen Jahren verändert?

Schlierenzauer: "Ich glaube schon. Man wird erwachsener und routinierter. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt, sowohl positive, als auch negative. Wenn man so gewaltige Erfolge hat wie ich, ist man irgendwie schon sehr gelassen."

Was sind Ihre großen Ziele und gibt es noch eines bei der Tournee?

Schlierenzauer: "Matti Nykänen und seine 46 Weltcupsiege und ein Einzel-Olympiasieg sind gewaltige Ziele. Ich glaube, ich darf mir die setzen. Das Geniale ist, dass ich null Zeitdruck habe und es an mich herankommen lassen kann, weil ich schon so viel erreicht habe. Bei der Tournee will ich die Stimmung noch mehr aufsaugen und in der Lage sein, es im Jetzt zu genießen. Es wird sicher sehr spannend, weil die Deutschen sehr stark sind. Es wird sich meiner Ansicht nach alles erst beim letzten Sprung in Bischofshofen entscheiden."

Sie haben bei der Tournee auf allen Schanzen und die Gesamtwertung gewonnen. Was ist das Besondere an der Tournee?

Schlierenzauer: "Die Tournee ist irgendwie der König. Es zeigt, dass man gut ist, wenn man die Tournee gewinnt. Bei vier Stationen ist das eine Riesen-Challenge, alles muss passen. Es ist ein Event mit großer Tradition, da ist sehr viel Aufmerksamkeit darauf gerichtet und es herrscht eine geile Stimmung. Dadurch ist es so reizvoll für jeden."

Drei Siege fehlen Ihnen noch auf Nykänen, Sven Hannawald hat als einziger Springer alle vier Bewerbe einer Tournee-Auflage gewonnen - spielt das in ihren Gedanken eine Rolle?

Schlierenzauer: "Vier Siege, das kann man nicht bringen, wenn man sagt, das ist das Ziel. Das wäre Wahnsinn, so zu denken. Wenn es Hannawald als Einziger in 60 Jahren geschafft hat, ist das mehr als Zufall, das muss passieren. Möglich ist es jedes Jahr, aber mein Ziel ist es, gut zu springen. Jeder weiß, wie schwer Weltcupsiege zu erreichen sind."

Kennen Sie Matti Nykänen persönlich?

Schlierenzauer: "Nein, ich kenne ihn nicht. Ich habe ihn einmal auf einem Flughafen getroffen, da war er ziemlich rauschig. Ich habe ihn nie springen gesehen. Er ist auf dem Papier der mit den meisten Siegen, macht aber auch viele Negativ-Schlagzeilen. Darum wär's gescheit, wenn einmal ein anderer kommt."

Sind Spitzensportler eher gefährdet, abzustürzen?

Schlierenzauer: "Wenn man sehr erfolgreich ist, hat man natürlich viele Emotionen. Man hat immer wieder den Adrenalinrausch, der süchtig macht. Nach der Karriere geht einem das sicher auch einmal ab. Da ist es dann wichtig, etwas Anderes für sich zu suchen, oder ein Umfeld zu haben, damit man nicht in falsche Bahnen gerät. Aber es ist natürlich auch vom Typ abhängig. Mit meinem Umfeld glaube ich nicht, dass mir das passieren kann."

Fast jeder Spitzenspringer hat in dieser Saison zwischendurch ein schlechteres Resultat, liegt das auch am neuen Reglement mit den engen Anzügen?

Schlierenzauer: "Durch die Anzüge macht der kleinste Fehler viel mehr aus. So ist es zu erklären, dass man wie ich nach einem kleinen Fehler nur 25. ist, nachdem man am Vortag gewonnen hat. Das Skispringen ist noch einmal sensibler geworden. Mit den neuen Anzügen muss man sehr sauber springen, die verzeihen nicht den kleinsten Fehler."

Welcher Springertyp wird dadurch bevorzugt?

Schlierenzauer: "Man kann in der Luft die Qualitäten weiterhin ausspielen, aber man muss sehr komplett sein. Das ist ein großer Vorteil von mir, dass ich die Stärke nicht nur in der Luft habe, sondern auch beim Absprung. Das hat sich gezeigt, dass ich auch auf einer 90-m-Schanze heuer schon gewonnen habe."

Mit welchem Gefühl fahren Sie zur Tournee?

Schlierenzauer: "So wie die Saison bisher verlaufen ist, das taugt mir unheimlich. Das Selbstvertrauen passt. Meine Basis ist sehr gut, teilweise waren schon sehr gute Sprünge dabei. Es waren nicht alle auf oberstem Niveau, aber es hat auch schon gereicht. Aber natürlich strebt man immer nach dem perfekten Sprung."

Was verbinden Sie mit Weihnachten?

Schlierenzauer: "Ich genieße es als Springer, dass man da Ferien hat und ganz in Ruhe bei der Familie daheim ist."(APA, 20.12.2012)