Traditionellerweise geht der Blick zu Jahresende zurück. In die Zukunft zu blicken ist verwegen, ist doch hinlänglich bekannt, dass Prognosen der Ungewissheit nur scheinbar trotzen können. Bleibt der Blick auf das Wesentliche. Andere küren die Person of the year, derStandard.at/Wirtschaft die Börsen of the year.

Börse ist nicht gleich Börse. Weil wir den großen Börsen nicht mehr hinterherhecheln wollten, haben wir uns jenen Börsen gewidmet, die uns tagein, tagaus begleiten: Den Geldbörserln. Bei einem nicht repräsentativen Lokalaugenschein haben die Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion einen Blick auf ihre Geldtaschen gewährt. Viel Spaß beim Stierln in fremden Geldbörserln.

Die Wirtschaftsredaktion ist in punkto Transparenz ein Vorbild und legt die Taschen offen. Kein Wunder, hier ist schließlich auch das Geld zu Hause. Der einzige Hundert-Euro-Schein im Haus befindet sich im Börserl von Sigrid Schamall. Dachten wir zumindest zu Anfang unseres Fotoshootings. Optische Bilanzaufhübschung kommt von Ressortleiterin Regina Bruckner, die extra ihr Sonntags-Geldbörserl mitgebracht hat, das "schön, aber unpraktisch und kleinkariert" ist. Selbst die Münzen sind stilvoll auf die Farben des Schmuckstücks abgestimmt. Mit bunt und Geld können auch Hermann Sussitz und Daniela Rom dienen.

Foto: derStandard.at

Das Thema Geldschwemme hat uns im vergangenen Jahr begleitet. Doch offenbar kommt diese nicht in den Geldbörserln von derStandard.at an. Bargeld ist nämlich grundsätzlich eher Mangelware. Dafür gibt es teils ganz banale Gründe. "Ich war gestern fort, deswegen ist nicht viel drin", verrät Florian Gossy aus der Außenpolitik. Etat-Kollege Oliver Mark hingegen war Weihnachtsgeschenke einkaufen - das Geld ist weg. Im Gegensatz zur großen weiten Wirtschafts- und Finanzwelt wissen wir wenigstens, wo es hin ist. Das gute Stück im Bild gehört im Übrigen Markus Sulzbacher. Doch zu ihm später.

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Tatsächlich haben durchaus auch viele dem Bargeld fast ganz oder vollständig abgeschworen. "Bargeld ist eine Zumutung, ich zahle auch 69 Cent mit Karte", offenbart Zsolt Wilhelm vom webstandard. Komplett auf Bares verzichtet auch Regina Walter aus dem Gesundheitsressort. In ihrer Zeit als Turnus-Ärztin gab's kaum Platz, etwas einzustecken. Oder aber es könnte an der Größe ihrer Geldbörse liegen. Sie hat den Preis (Ruhm und Ehre) für das kleinste Börserl gewonnen.

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Wenn wir schon bei Preisen sind: Das ist die - nennen wir sie - interessanteste Geldbörse. Siehe Bild. Das ist von einem zirka zehn Jahre alten Werbegeschenk einer Bank übriggeblieben und dient immer noch als Geld-Zusammenhalte-Dings. Das Must-Have für den Kämpfer gegen die Wegwerfgesellschaft - eindeutig ein Trend für 2013.

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Aufgrund der unsicheren Lage an den Finanzmärkten und in der Weltwirtschaft, können wir leider keine Prognose abgeben, wenn es um die Frage große oder kleine Geldbörsen geht. Die Bandbreite der Daten geht von riesig und vollgestopft über mittel und halbvoll-gestopft bis zu eher klein und aufgeräumt. Alle anderen möglichen Kombinationen der Börsen-Eigenschaften gibt es auch. Sicher sagen können wir nur eines: Die Größe des Geldbörserls ist nicht direkt umlegbar auf den Wert des Inhalts - also: große Geldbörse heißt nicht immer viel Geld.

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Ein Trend geht offenbar auch zu gar keine Geldbörse. Anders als angenommen, betrifft das nicht nur die männlichen Kollegen. Social Media-Redakteurin Lisa Stadler präsentiert uns ihre "Mischung aus totalem Chaos beim Bargeld und totaler Organisiertheit bei den Karten".

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Fremdwährungen schlummern in so manchem Börserl. Allerdings nicht zur Absicherung von Derivat-Geschäften oder sonstigen Wahnsinnigkeiten. Sentimentale Gründe spielen hier eine besondere Rolle. Iwona Wisniewska vom webstandard hat zwar sonst fast kein Bargeld, aber eine Handvoll Dollarscheine, die sie im Casino in den USA gewonnen hat.

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Wer den Groschen nicht ehrt, ist den Schilling nicht wert. Geht das Münzgeklapper auch auf die Nerven, schaut bei fleißigem Sammeln doch auch richtig etwas heraus. An die 70 Euro pro Monat sammeln die Kollegen, wenn sie das Klimpergeld samt und sonders aus dem Geldbörserl aussondern und zur Bank bringen. Wir sind beeindruckt, und werden die gewonnenen Erkenntnisse an die strauchelnden Bundesländer Kärnten und Salzburg weiterleiten.

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Banken können zwar Bankrott gehen - was nichts mehr heißt als "kaputte Bank". Mit dem too big to fail - also: zu groß zum Kaputtgehen - hat uns die Finanzkrise beglückt. Den Begriff werden wir so schnell wohl nicht loswerden. Auch Geldbörserl sind nicht für die Ewigkeit. Doch der Trennungswunsch ist nicht immer groß genug. Tatjana Rauth von etat.at sagt auch warum: "Eine neue Geldbörse gibt's, wenn es mehr Geld gibt." Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Auch die Brieftasche eines anderen Kollegen hat schon bessere Tage gesehen. Einer der düstersten war ein schwerer Skiunfall auf - so wird der geschätzte Kollege nicht müde zu behaupten - 7.000 Metern Höhe. Beide, Geldbehältnis und Sportler, überlebten.

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Spätestens seit der Finanzkrise wissen wir: Die Wirtschaft lebt oft nach dem Prinzip Hoffnung. Wird schon gehen, wird schon werden, mach' ma schon. Dass man mit dem Börsen-Latein dann aber oft am Ende ist, ist mittlerweile auch bewiesen. Gut, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion da schon lieber auf Handfestes zurückgreifen: Auf Schweinderl, Rauchfangkehrer, Marienkäfer und Konsorten, die Glück bringen sollen. Panorama-Kollegin Bianca Blei hat sogar eine Spielkarte von einem echten Magier in ihrer Geldbörse. Nur: "Dem Geldbörserl hat's bisher noch nicht viel gebracht." Hauptsache, Bianca ist glücklich.

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Die Farbe Rot lehrt uns zweierlei. Redaktionsintern ist sie eindeutig weiblich, zum anderen muss sie nicht unwillkürlich auf rote Zahlen schließen lassen. Denn, siehe da, der zweite Hunderter. Links unten, leicht versteckt im Börserl von Eva Tinsobin, unserer Allrounderin von Gesundheit, Lifestyle und Fahrrad.

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Die Farbe Schwarz führt uns fast schon ins Reich der Philosophie: "Meine Geldtasche ist für mich ein belangloser Gebrauchsgegenstand. Nur die Mangelsituation macht sie für mich schlagartig interessant: Dann nämlich wenn sie leer ist, oder wenn sie verloren gegangen ist", meint der Automobil-Verantwortliche Stefan Schlögl.

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Verloren, oder hops gegangen, ist das edle Stück von Markus Sulzbacher (wir erwähnten ihn schon kurz), Ressortleiter im webstandard. Der junge, stopp: anders - der noch jüngere, Markus wurde bei seinem ersten Wien-Aufenthalt, seiner ersten U-Bahnfahrt, erstmals um eine Erfahrung reicher. Er wurde beklaut. Mit dem Brieftaschl verschwanden fünf Schilling. Noch heute fehlt von ihnen jede Spur.

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Schönheit lässt sich mit Geld kaufen, will uns die Werbung weismachen. Hängt natürlich davon ab, wie man Schönheit definiert. Die größere Kunst ist es, Geld mit Schönheit zu verpacken. Geld ohne Mascherl verschwindet gerne in verschiedenen Kanälen oder taucht saubergewaschen wieder irgendwo auf. Davon sind die Börsen der Redaktion nicht betroffen. Auch wenn optisch eher das Dezente vorherrscht, gibt es Top-Models. Im Bild: Das Geldbörserl von webstandard-Redakteur Zsolt Wilhelm, gekauft "passend zu einem gelben Gürtel".

Es hat sich also gelohnt, nicht an den Weltuntergang zu glauben. In diesem Sinne ein frohes Weihnachtsfest. (Daniela Rom, Sigrid Schamall, derStandard.at, 21.12.2012)

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