SPÖ und ÖVP haben sich am Mittwoch auf ein "umfangreiches" Demokratiepaket geeinigt. Dieses umfasst unter anderem eine Aufwertung von Volksbegehren, die Bürgeranfrage an Minister und ein stärkeres Persönlichkeitswahlrecht. Die beiden Klubobmänner Josef Cap (SPÖ) und Karlheinz Kopf (ÖVP) streben eine möglichst breite Einigung im Parlament an. Der Initiativantrag wurde bei einer Pressekonferenz für Ende Jänner angekündigt. Die neue Vorzugsstimmenregelung soll bereits bei der nächsten Nationalratswahl gelten.

Die Wähler sollen Vorzugsstimmen künftig auch auf Bundesebene vergeben können. Dadurch bekommen Personen mit "entsprechendem Engagement" die Chance, Listenplätze umzukehren. Ihm selbst sei dies einmal in Wien vom 46. auf den ersten Platz gelungen, erklärte Cap. Erfordernis für ein Vorrücken soll das Erreichen von Vorzugsstimmen in der Größenordnung von mindestens sieben Prozent der jeweiligen Parteistimmen sein - dies ist analog der Wahl zum Europaparlament.

Weniger Vorzugsstimmen auf Landesebenen nötig

Auf Landesebene lautet der Vorschlag, die Zahl der notwendigen Vorzugsstimmen herabzusetzen. Künftig würden zehn Prozent der im jeweiligen Landeswahlkreis erreichten Parteistimmen bzw. das Erreichen von Vorzugsstimmen im Ausmaß der Wahlzahl reichen. Für das Vorrücken im Regionalwahlkreis sollen 14 Prozent (bisher rund 17 Prozent) erforderlich sein.

Volksbegehren können elektronisch unterstützt werden

Die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren wird aufgewertet. Wie bereits bisher gilt die Unterstützung von 100.000 Bürgern, wobei die Möglichkeit bestehen soll, Volksbegehren elektronisch zu unterstützen. Behandelt werden die Themen dann in einer Sondersitzung des Nationalrats, die Vorberatung findet in einem besonderen Ausschuss statt, erklärte Kopf: "Das ist eine Aufwertung dieses Instruments der direkten Beteiligung der Bürger am demokratischen Geschehen." Die erforderliche Zustimmung für eine parlamentarische Behandlung werde dadurch "sicher um einiges leichter", zeigte sich der ÖVP-Klubchef überzeugt.

Bürgeranfrage soll möglich werden

Einführen wollen die Regierungsparteien auch eine Bürgeranfrage, also eine Anfragemöglichkeit der Bürger an Regierungsmitglieder. Auch diese soll auf elektronischem Weg gestellt werden und mit 10.000 Unterstützern in einer eigenen Fragestunde im Nationalrat behandelt werden. Vorgesehen sind vier derartige Fragestunden im Hohen Haus.

Zentrale Wählerevidenz

Geplant ist weiters die Einführung einer zentralen Wählerevidenz durch das Innenministerium. Diese soll für alle bundesweiten Wahlen, Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen eingesetzt werden. Die Wählerevidenz bringe Vereinfachungen sowohl für die Bürger als auch die Verwaltung, zeigte sich Cap überzeugt. Sie sei auch eine Voraussetzung für die elektronische Unterstützung etwa der Volksbegehren.

Die Gesetzestexte werden Anfang nächsten Jahres an die Oppositionsvertreter übergeben und Ende Jänner in einer Runde mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) beraten. Ende Jänner wird das ganze Paket als Initiativantrag eingebracht, kündigte Kopf an.

Regierung braucht eine Oppositionspartei

Bei der Bürgeranfrage und den Volksbegehren müssen zwei Drittel der Abgeordneten zustimmen, da sie in die Geschäftsordnung eingreifen. Die Regierungsparteien brauchen dafür also eine Oppositionspartei. Für die Änderung der Nationalratswahlordnung und um die Wählerevidenz zu regeln reichen die Stimmen von SPÖ und ÖVP. Kopf betonte aber: "Wir streben die breitest mögliche Zustimmung an." Gelten könnte die neue Vorzugsstimmenregelung dann bereits bei der kommenden Nationalratswahl. Die elektronischen Möglichkeiten für Volksbegehren sowie die Bürgeranfragen hingegen sind erst für Jänner 2014 zu erwarten.

Noch keine Einigung zu elektronischer Stimmabgabe

Die elektronische Stimmabgabe bei Wahlen war laut Cap kein Thema in den Verhandlungen und werde es auch nicht, meinte er. In den Gesprächen in der parlamentarischen Arbeitsgruppe habe sich auch gezeigt, dass die Vorstellungen beim Thema automatische Volksabstimmungen ab einer bestimmten Anzahl von Unterstützern noch zu weit auseinandergehen, so Kopf. Man wolle diesen Vorschlag zwar nicht fallen lassen, um das Gesamtpaket nicht zu gefährden, habe man diesen Punkt aber nicht mit aufgenommen, erklärte der ÖVP-Klubobmann. Ähnlich verhielt es sich beim Vorschlag Ministerhearing im Parlament.

Nicht behandelt wurde in diesen Verhandlungen auch das Thema U-Ausschuss als Minderheitenrecht. Cap hielt fest: "Es bleibt aber ein Thema, natürlich." Gerade der letzte U-Ausschuss habe neue Fragen aufgeworfen, die zu diskutieren seien, "aber grundsätzlich macht der U-Ausschuss als Minderheitenrecht Sinn". (APA, 19.12.2012)