Katharina Hirschenhauser beobachtet Gockel beim Kampf.

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Testosteron macht nicht allzeit bereit. Katharina Hirschenhauser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem männlichen Steroidhormon und seiner Wirkung auf Paarbindung und Aggression bei verschiedenen Organismen.

Die Annahme: Hoher Testosteronspiegel ist gleich Sex oder Dominanz greift für die Verhaltensbiologin zu kurz. Für japanische Wachtelhähne etwa ist nicht nur wichtig, ob sie bei einer Auseinandersetzung verlieren, sondern auch, ob sie dabei gesehen werden. Die Hühnervögel sind ideal für Versuche zur Verhaltensendokrinologie, die Wechselwirkungen zwischen Verhalten und Hormonen untersucht.

"Das sind richtige Gockel. Sie springen sofort an, wenn man sie in eine Arena setzt", beschreibt die 43-Jährige ihre Forschungsobjekte. Sie " veranstaltet" Zweikämpfe und gewährt dabei verschiedenen Zuschauern Einblick - in der Regel Weibchen und/oder bereits unterworfenen Hähnen. Der Testosteronlevel wird davor, danach und einige Tage nach dem Kampf gemessen.

Kürzlich wurde Hirschenhauser mit einem Stipendium "For Women in Science" ausgezeichnet, ausgelobt von L'Oréal und unterstützt von der Österreichischen Unesco-Kommission, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Wissenschaftsministerium. Damit wird sie letzte Datensätze für ihre Studie "Losing in Public" durchführen und sich mit dieser Arbeit an der Universität Wien habilitieren. Die Zeit ist für sie reif, nachdem sie bereits viel publiziert, gelehrt und im Ausland geforscht hat.

Der Siegereffekt besagt, dass ein Sieger höhere Gewinnchancen bei nachfolgenden Kämpfen hat als ein Verlierer. Hirschenhausers Ergebnisse deuten darauf hin, dass Testosteron eine wichtige Rolle spielt, es für die künftige Position und Interaktion in der Gruppe jedoch wichtiger ist, ob ein Hahn vor Publikum - also quasi öffentlich - verloren hat.

"Je mehr wir über ein Individuum und seine Vernetzung mit dem sozialen Umfeld herausfinden, desto komplizierter wird es methodisch", betont Hirschenhauser. Aber wenn es um solide mathematische Nachweise aus komplexen Versuchsreihen geht, "bin ich eine echte Streberin".

Ihr zweites Steckenpferd sind nichtinvasive Methoden. An der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau war sie beteiligt an der Entwicklung einer Methode für den Hormonnachweis aus Kotproben von rund 100 Graugänsen: "Wenn ich soziale Interaktion beschreiben will, störe ich den Prozess durch eine Blutabnahme. Ich beobachte lieber und benutze dann Handschuhe."

Als Postdoc arbeitete sie in Lissabon mit Buntbarschen und war vor ihrer Rückkehr nach Wien als Alexander-von-Humboldt-Fellow am Max-Planck-Institut für Ornithologie. Mit Mann und Sohn wohnt sie heute in einem Forsthaus im Ennstal. Seit diesem Jahr vermittelt sie verhaltensbiologische Erkenntnisse zum Thema Lernen und Rangordnung auch an angehende Lehrer an der Pädagogischen Hochschule Linz.

Den einzigen Unterschied zwischen weiblichem und männlichem Zugang zu Forschung sieht die Verhaltensbiologin in der Präsentation von Inhalten und der eigenen Person. Genau hier setze das Stipendium an: "Diese Frauenförderung bewirkt etwas: Sie verstärkt durch Brustgetrommel öffentliche Information und Status." (Astrid Kuffner, DER STANDARD, 19.12.2012)