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Eben noch mit der Nase im Urin, schon in einem Knusperhäuschen für Mäuse.

Foto: APA/EPA/EVERETT KENNEDY BROWN

Liverpool - Viele Säugetiere kommunizieren über Duftmarken miteinander und koordinieren damit ihr Sexual- und Sozialleben. Der Urin verrät zum Beispiel das Geschlecht eines Tieres, sein Befinden oder seinen Aufenthaltsort. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Nagetiere mehrmals täglich einen Ort aufsuchen, an dem sie zuvor einen Artgenossen des anderen Geschlechts getroffen beziehungsweise seinen Geruch wahrgenommen haben. Unklar war bisher, wie die Nager sich an den Ort erinnern, also wie sie ein räumliches Gedächtnis bilden.

Mäuseversuch einmal anders

Sarah Roberts und ihre Mitarbeiter von der Universität von Liverpool untersuchten dies nun mit Hilfe von Mäusen und berichten darüber in "Science". Sie ließen weibliche Tiere in eine Versuchsfläche, in der sich ein Schälchen mit männlichem Urin und eines mit Wasser befand. 24 Stunden später ließen sie die Weibchen erneut in die Versuchsarena, diesmal befand sich kein Urin mehr darin. Es zeigte sich nun, dass die Weibchen dennoch viel häufiger die Stelle aufsuchten, an der das Urin-Schälchen zuvor gestanden war, als die, an der das Wasser gestanden hatte.

Dieses Experiment klappte selbst dann, wenn zwischen der Lernphase - also dem Schnuppern am Urin - und dem erneuten Aufsuchen des Ortes zwei Wochen vergangen waren. Kamen die Mäuse-Weibchen jedoch einmal zurück und nahmen an dem Ort keinen attraktiven Geruch mehr wahr, wurde ihre Erinnerung daran ausgelöscht. Urin von anderen Weibchen interessierte die Test-Weibchen nicht.

Nase rein, geht nicht anders

Die Forscher zeigten anschließend, dass das Protein Darcin im männlichen Urin ausreicht, um die Bildung eines räumlichen Gedächtnisses bei den Weibchen anzuregen. Darcin ist ein Pheromon, also ein Stoff, der die Kommunikation auf Duftebene vermitteln. Es ist nicht flüchtig; die Weibchen müssen also ihre Nase in den Urin tauchen, um die Botschaft wahrzunehmen. Sie prägen sich die Stelle dann vermutlich mit Hilfe von tast- und sichtbaren Ortsmarken ein, etwa der Textur des Untergrunds oder der Position von Lichtquellen.

Pheromon-induziertes Lernen ist möglicherweise viel wichtiger als bisher angenommen, schreiben die Forscher. Es ermögliche den Tieren, sich an einen sozial relevanten Duftort zu erinnern und diesen schnell aufzusuchen. Dies rufe die flexiblen und individuellen sozialen Reaktionen hervor, die für Säugetiere typisch seien. (APA/red, derStandard.at, 31. 12. 2012)