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Jürgen Fitschen

Foto: AP/Thomas Lohnes

Frankfurt am Main - Die Deutsche Bank ist frühzeitig von der britischen Steuerbehörde HMRC vor kriminellen Machenschaften beim Handel mit Verschmutzungsrechten gewarnt worden. Das Geldinstitut habe es aber versäumt, intern durchzugreifen und derartige Geschäfte in den eigenen Reihen zu unterbinden, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Akten der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Bereits im Herbst 2009 habe die HMRC führende Vertreter der Deutschen Bank in London darauf hingewiesen, dass große Teile des Emissionshandels "mit Betrugskriminalität behaftet seien".

Konzernchef Fitschen entgang Razzia nur knapp

Die Bank wickelt zahlreiche Geschäfte über ihre Niederlassung in London ab. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 25 Bankbeschäftigte wegen Steuerbetrugs, Geldwäsche und Vertuschung von Straftaten. Das Institut wurde vergangene Woche von 500 Beamten durchsucht.

Konzernchef Jürgen Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause sind nach Angaben der Bank ins Visier der Ermittler geraten, weil sie die Umsatzsteuererklärung für 2009 unterschrieben hatten. Darin hatte das Institut 310 Millionen Euro Steuererstattungen geltend gemacht, die es nur wegen der Betrügereien beanspruchen konnte. Die Bank hatte die Erklärung später zwar korrigiert und auf die Ansprüche "vorläufig verzichtet" - nach Ansicht der Ermittler kam dieser Schritt aber zu spät.

Zudem sind Fitschen und Krause einem Medienbericht zufolge übrigens nur knapp einer Razzia in ihren Privathäusern entgangen. Die Ermittler waren nach Informationen der "Bild"-Zeitung entschlossen, die Privathäuser zu durchsuchen. Die Aktion sei den Top-Managern nur erspart geblieben, weil sie in letzter Minute volle Zusammenarbeit zugesichert hätten.

Grüne kritisieren Fitschen

Kritik an Bankchef Fitschen kommt von den Grünen. "Der Fisch stinkt vom Kopf her. Das gilt auch für die Vorstandsetage der Deutschen Bank", sagte Grünen-Chef Jürgen Trittin dem Magazin Der Spiegel. Die Verwicklung in die Steueraffäre droht für Fitschen zu einer großen Belastung zu werden: Als eine Art "Außenminister" der Deutschen Bank und als künftiger Präsident des Bankenverbands BdB ist er auf gute Beziehungen zum politischen Berlin angewiesen.

Dem Magazin zufolge beschwerte sich Fitschen in einem Anruf beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier über den Einsatz. Es habe einen verheerende Wirkung auf das Außenbild der Bank. Bouffier habe ihm geantwortet, es sei aus seiner Sicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, den Umfang und Details solcher Einsätze festzulegen, da könne er sich nicht einmischen. Ein Sprecher der Bank bestätigte, dass Fitschen mit Bouffier telefoniert hat.

E-Mails gelöscht

Bei den Ermittlungen geht es um Steuerhinterziehung beim Handel mit CO2-Zertifikaten. Vier Bank-Manager sitzen seither in Untersuchungshaft. Finanzkreisen zufolge wird einigen von ihnen vorgeworfen, E-Mails zu den fraglichen Geschäften gelöscht zu haben, um sie den Ermittlern vorzuenthalten. Eine Freilassung vor Weihnachten ist dem Bericht zufolge unwahrscheinlich. Aus Kreisen ihre Anwälte verlautete demnach, es sei nicht mit einem Haftprüfungstermin vor dem 27. Dezember zu rechnen.

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, hat sich angesichts der Ermittlungen gegen die Deutsche Bank für eine Aufspaltung großer Geldhäuser ausgesprochen. Andere Vorschläge, wie etwa das Investmentbanking und das Kundengeschäft innerhalb der Bank zu trennen, seien in der täglichen Praxis unrealistisch. "Deshalb gibt es für große Geldhäuser wie zum Beispiel die Deutsche Bank in Frankfurt nur eine Möglichkeit: aufspalten und kleiner werden." (APA, 16.12.2012)