Wien - Gastlichkeit ist etwas Schönes. Das Tanzquartier Wien präsentierte am Wochenende gleich zwei Aufführungen von Wiener Künstlern, deren Schlussakte aus Speis und Trank für Künstler und Publikum bestanden: about coming home der Performerin Barbara Kraus und Radio Revolution. Die Revolution ist jetzt der Nomad Labfactory unter Thomas Jelinek.

Eigenartig war, dass das anfängliche Zögern des Publikums, sich zur Radio-Revolution-Ausspeisung auf die Bühne zu begeben, von dort mit der Frage quittiert wurde, ob die in den Sitzreihen denn zu dumm oder zu faul wären, um auf die Einladung zu reagieren. Publikumsbeschimpfung ist zwar recht alte Schule. Wenn sie allerdings - wie in diesem Fall - von einem übereifrigen Zuschauer kommt, schon wieder ein neuer Spaß.

Abgesehen von diesem Highlight lag die Show recht tief im Wasser. Jelinek ging als bemüht lässiger Moderator unter. Eine Stunde lang wurde mit pompöser Videoprojektion einer Liveübertragung in zwei kleinen Radiosendern entgegengerudert. Das Publikum konnte zwischen drei Trailern wählen, bevor die Diskussionsrunde fürs Radio schließlich recht schnell "on air" im Nirwana versank. Das Buffet war dann ein kleiner Trost.

Mit dem Scheitern spielt Barbara Kraus (46) schon seit vielen Jahren. Ihre Fußwanderung von Wien nach Nizza hätte durchaus misslingen können. Aber nein, das bisher ehrgeizigste künstlerische Projekt der eigenwilligsten choreografischen Performerin Wiens ist zu einem Triumph geworden. Gehen ist Tanz - dafür bürgte schon die Judson Dance Theater-Größe Steve Paxton.

In about coming home ließ Kraus ihre Besucher bei ihrem fünfmonatigen Abenteuer mit Augen und Ohren mittanzen. Schönes Fazit: Das zärtliche Monster Kraus konnte an Selbstironie noch zulegen. Und das Essen am Ende der Performance hat verführerisch geduftet.  (Helmut Ploebst/DER STANDARD, 17. 12. 2012)