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Millionen Stimmen mussten trotz niedriger Wahlbeteiligung ausgezählt werden.

Foto: Amr Nabil/AP/dapd)

"Uns bleibt nichts anderes übrig, als nächsten Samstag mit Nein zu stimmen", sagt am Sonntag eine junge Christin aus Giza. Die Friseurin, die regelmäßig gegen die Diskriminierung von Kopten auf die Straße geht, ist sichtlich enttäuscht. Sie hat wenig Hoffnung, dass das Resultat in der zweiten Runde des ägyptischen Verfassungsreferendums noch kippen könnte. Nach ersten inoffiziellen Ergebnissen aus den zehn Provinzen, die am Samstag abgestimmt haben, beträgt der Ja-Anteil rund 56 Prozent.

Einzig in Kairo und in der Provinz Gharbiya, wo mit der Textil-Stadt Marhalla eine Wiege der Revolution liegt, wurde der kontroverse Verfassungsentwurf abgelehnt. In Kairo ist dieses Ergebnis mit 57 Prozent Nein und 43 Prozent Ja fast identisch mit der Stichwahl für den Präsidenten. Damals erhielt Ahmed Shafiq, ein Exponent des Mubarak-Regimes, 56 Prozent, Mohammed Morsi als Kandidat der Muslimbrüder 44 Prozent.

Niedrige Wahlbeteiligung

Die 17 Provinzen, die in der zweiten Runde am kommenden Samstag zu den Urnen gerufen sind, sind noch stärker ländlich geprägt, sodass es wenig wahrscheinlich ist, dass dort der Nein-Anteil höher liegen wird. Das relativ knappe Ergebnis wird zudem dafür sorgen, dass die islamistischen Gewinner der ersten Runde in ihren Anstrengungen, ihre Anhänger zu mobilisieren, nicht nachlassen werden. Am Sonntag war die Beteiligung mit knapp 33 Prozent die geringste der vier Abstimmungen seit der Revolution.

Mohammed ElBaradei, der Koordinator des größten Oppositionsbündnisses, der Nationalen Rettungsfront, erklärte in einer ersten Reaktion, das Referendum zeige, dass die Polarisierung zunehme. Ein Nein würde zur Wahl einer neuen Verfassungskommission führen und die anstehende Wahl eines Parlaments um etwa neun Monate hinauszögern. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 17.12.2012)