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Bei Pablo Picassos Nu au plateau de sculpteur (106,48 Mio. Dollar, Christie's 2010) dauerte es acht Minuten und 49 Sekunden, bis der Auktionator den damals höchsten Zuschlag in der Geschichte des Kunstmarktes besiegelte. Im Mai dieses Jahres galt es im Falle von Edvard Munchs Der Schrei die Gebote von anfänglich acht Interessenten zu dirigieren und durfte man nach ziemlich genau zwölf Minuten den vorläufig teuersten Auktionskauf (119,92 Mio. Dollar, Sotheby's) der Welt feiern.

Insofern ging es mit 17 Minuten vergangene Woche im Zuge des Altmeister-Evening-Sales (5. 12.) bei Sotheby's in London etwas beschaulicher vonstatten. Vier Bieter trieben den Wert einer Raffael-Zeichnung weit über die angesetzten Taxen (10-15 Mio. Pfund), erst bei 29,72 Millionen Pfund durfte ein anonymer Telefonbieter die Studie eines Apostelkopfes sein Eigen nennen. Mit umgerechnet 36,6 Millionen Euro holte sich diese Vorarbeit zu dem 1520 geschaffenen Gemälde Verklärung Christi (Vatikanische Pinakothek) gleich mehrere Topplatzierungen: Neben dem Künstlerweltrekord (davor Studie der Urania zum Parnass-Fresko im Vatikan, 32,19 Mio. Euro, Christie's 2009) holte sich das Blatt auch den Titel des höchsten bislang für eine Zeichnung bewilligte Wertes. In der Kategorie Arbeiten auf Papier rangiert dieses Werk nun ebenso auf Platz zwei (siehe Tabelle) wie in der von Rubens ( Massaker der Unschuldigen, 77,24 Mio. Euro, Sotheby's 2002) angeführten Sparte Alte Meister. Lange Zeit galt das Medium Zeichnung auf dem internationalen Kunstmarkt als unterbewertet, wiewohl viele Experten solche Arbeiten von jeher als authentischer charakterisierten. Gerade auch im Falle von Raffael (da Urbino), der eine Heerschar von Schülern und Mitarbeitern beschäftigte, die bei der finalen Ausführung von Gemälden beistanden.

Neuer Raffael-Rekord

In den vergangenen Jahren erfuhr die Bewertung von Arbeiten auf Papier eine beachtliche Renaissance, die über Raffaels Preisentwicklung ablesbar ist: 1984 wechselte bei Christie's in London die Studie eines anderen Apostelkopfes für 3,6 Millionen Pfund den Besitzer, 1996 reichte man das gleiche Blatt für 5,3 Millionen Pfund in eine Privatsammlung weiter. 2009 schließlich bewilligte Leon Black für den Urania-Kopf den bis vergangene Woche gültigen Künstlerweltrekord. Der amerikanische Finanzmanager gilt als passionierter Sammler von Arbeiten auf Papier, erwarb heuer schon Munchs Der Schrei und wird gerüchteweise (dicht gefolgt von Roman Abramowitsch) nun auch als neuer Eigner des Apostelkopfes gehandelt. (kron, DER STANDARD, 15./16.12.2012)