Alt, älter, am ältesten: Die Rekord-Galaxie UDFj-39546284 (rotes Quadrat links der Bildmitte) mit der Rotverschiebung 11,9 dürfte 350 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden sein.
Foto: NASA, ESA, R. Ellis (Caltech)

Pasadena/Wien – UDFj-39546284 ist den Astronomen eine buchstäblich alte Bekannte. Im Vorjahr beschrieben Garth Illingworth and Rychard Bouwens die Galaxie im Fachblatt Nature erstmals und schätzten, dass sie 480 Millionen Jahr nach dem Urknall entstand (was einer sogenannten Rotverschiebung von 10 entspricht). Damit gilt sie im Moment als Spitzenkandidatin für die älteste beobachtete Galaxie des Universums

Doch im August und September 2012 haben Forscher um Richard Ellis vom California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena mithilfe des Weltraumteleskops Hubble jenen kleinen Himmelsausschnitt noch einmal beobachtet, der als "Hubble Ultra Deep Field" bekannt ist und in dem diese und andere Galaxien zum Teil aus der Frühzeit des Universums entdeckt worden waren.

Die Astronomen haben für die Untersuchung, die in einer der kommenden Ausgaben des Fachblatts "Astrophysical Journal Letters" veröffentlicht wird, damit weiter in die kosmische Vergangenheit zurückgeblickt als je zuvor mit Hubble. "Wir haben die längste Belichtung gemacht, die "Hubble" je aufgenommen hat, und einige der schwächsten und fernsten Galaxien abgelichtet", sagt Ellis.

Bei ihren sechswöchigen Belichtung entdeckten sie sieben Galaxien, die zu einer Zeit vor mehr als 13 Milliarden Jahren entstanden sind – zum Vergleich: Heute ist das All 13,77 Milliarden Jahre alt. Sechs der Galaxien haben eine Rotverschiebung von 8 bis 9, "was schon ziemlich alt ist", wie Ko-Autor Jim Dunlop erklärt. Vor allem aber konnte UDFj-39546284 noch besser beobachtet werden. Die Astronomen ermittelten für die Galaxie eine Rotverschiebung von 11,9, was sie noch älter macht als bisher angenommen.

Das Licht der neu entdeckten Galaxien stammt vom Ende des "Dunklen Zeitalters", rund 300 Millionen Jahre nach dem Urknall.
Grafik: eso

Kosmische Dämmerung

Ihre Beobachtung gebe Einblicke in die Entwicklungsgeschichte des ganz jungen Universums, schreiben die Forscher. Die ersten Galaxien seien demnach nicht nahezu zeitgleich entstanden, wie manche Theorien annehmen, sondern nach und nach. "Es war ein schrittweiser Prozess", so Koautor Brant Robertson von der Universität von Arizona in Tucson. Zudem liefere die Studie die erste belastbare "Volkszählung" von Galaxien aus der Ära der "kosmischen Morgendämmerung", betonen die Forscher.

Direkt nach dem Urknall war das Weltall zunächst weitgehend undurchsichtig, weil kaltes Wasserstoffgas viel Licht verschluckte. Die ersten Sterne und Galaxien heizten den Wasserstoff dann so weit auf, dass er ein Elektron aus seiner Hülle verlor und damit wieder durchsichtig wurde. Die "Hubble"-Beobachtungen stützen die Vorstellung, dass diese sogenannte Re-Ionisation nach und nach zwischen etwa 200 Millionen und einer Milliarde Jahre nach dem Urknall ablief und das Universum nicht plötzlich durchsichtig wurde. (tasch, dpa, DER STANDARD, 14.12.2012)