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Gabi Burgstaller: "Jetzt zu gehen heißt, sich aus der Verantwortung zu drücken."

Foto: dapd/Kerstin Joensson

Salzburg - Die Salzburger Landeshauptfrau gerät immer mehr unter Beschuss. Der Anwalt der entlassenen Referatsleiterin Monika R., Herbert Hübel, forderte Burgstaller am Donnerstag auf, ihre Aussage, wonach sie erst am 3. Dezember vom Riesenloch in den Büchern erfahren hatte, zu widerrufen. Burgstaller hatte gesagt, Finanzlandesrat David Brenner habe sie am 3. Dezember über die Vorgänge informiert.

Dem widerspricht Hübel. Er verweist auf einen E-Mail-Verkehr, der auch derStandard.at vorliegt. Es handelt sich um ein ausführliches E-Mail von Monika R. an ihren Vorgesetzten Eduard Paulus, in dem sie unter anderem auf hohe Verluste hinweist. Dieses E-Mail hat R. der Landeshauptfrau am 21. September weitergeleitet.

Referatsleiterin warnte vor Schaden

R. weist in dem Schreiben darauf hin, "dass die letzte Empfehlung des Finanzbeirates im Zinsbereich im Zeitraum 2009/2010 dem Land mehr als 130 Mio. Euro kosten wird und bereits mehr als 27 Mio. Euro bis dato gekostet hat." Damit habe Burgstaller Kenntnis von den drohenden Verlusten erlangt, betonte Hübel.

Aus dem Büro Burgstallers hieß es wiederum, die Referatsleiterin habe Burgstaller in dem persönlichen Mail mitgeteilt, dass - nachdem ihr am 17. Juli die Vollmachten über alle Finanzgeschäfte entzogen worden waren und sie bis 20. September beurlaubt worden war - alle Datenzugänge gesperrt gewesen wären und sie Hilfe benötige.

"Am 3. Dezember erfahren"

Konkret war Burgstaller in der Mittwochs-ZIB 2 von Moderator Armin Wolf gefragt worden, wann sie das erste Mal von den 340 Mio. Euro Verlusten gehört habe.  Die Landeshauptfrau antwortete: "Am Montag, den 3. Dezember. Wir haben damals Regierungssitzung oder Arbeitsausschusssitzung gehabt, und im Anschluss daran hat mich mein Kollege David Brenner darüber informiert, dass ihm mitgeteilt wurde, eine Mitarbeiterin habe quasi ein Geständnis abgelegt, sie habe 340 Millionen Euro in den Sand gesetzt, und wenn man das jetzt auflöst, so wie es ursprünglich angedacht war, mit dem geringen Portfolio, das noch bestand, dann würden wir diese Verluste auch realisieren."

Angaben Burgstallers "unrichtig"

Die Rechtsanwaltskanzlei hat am Donnerstag in einem Schreiben an Burgstaller erklärt, dass die öffentlich abgegebene Äußerung unrichtig sei und nicht der tatsächlichen Sachlage entspreche.

Dazu ein Sprecher der Landeshauptfrau: "Burgstaller hat in ihrer Antwort in der 'Zeit im Bild 2' die Wahrheit gesagt. Rechtsanwalt Hübel unterstellt in seiner Forderung Aussagen, Behauptungen und Zusammenhänge, die im Interview gar nicht vorgekommen sind." Deshalb werde die Landeshauptfrau ihre Aussage auch nicht widerrufen, wie der Rechtsanwalt gefordert habe. Burgstallers Sprecher betonte, die Referatsleiterin habe Burgstaller in dem Mail persönlich um Hilfe gebeten und sie nicht vor Verlusten gewarnt.

Widersprüche

Burgstallers Angaben über den Zeitpunkt ihrer Zurkenntnisnahme stehen auch im Widerspruch zu den Aussagen von ÖVP-Landeschef Wilfried Haslauer. Laut ihm hat Finanzreferent Brenner schon am 15 Oktober von 253 zusätzlichen Derivatgeschäften gewusst, sie den anderen Parteien jedoch verheimlicht.  Für Brenner eine "blanke Wahlkampfinszenierung". Er habe Haslauer persönlich informiert und sofort die Weisung erteilt, diese Finanzgeschäfte aufzulösen, damit das Portfolio den Richtlinien entspreche. Der Großteil dieser Geschäfte wurde auch ohne finanziellen Schaden aufgelöst, einige seien in das Portfolio übernommen worden. Allerdings betont Brenner dazu: "Diese Geschäfte sind nicht die Ursache für die Buchverluste."

Ein Protokoll vom 28. November belegt jedenfalls, dass Finanzchef Paulus und Brenner dem Landtag über die Geschäfte berichteten und damals noch eine heile Welt vorspielten.

Burgstaller räumt jedenfalls ein, dass sie die ganze Affäre unterschätzt habe. Sie stellte sich jedoch hinter Finanzlandesrat David Brenner. Am Mittwoch sprach sie sich  im ZiB2-Interview gegen ein Köpferollen aus: "Jetzt zu gehen heißt, sich vor der Verantwortung zu drücken." Die anstehenden Neuwahlen sind für die SPÖ-Politikerin keine Option, um den Schaden zu minimieren. Sie sei nicht der Meinung, dass die Salzburger Landespolitik etwas grob Fahrlässiges gemacht habe. Die nun anstehende Aufklärung könnte ihrer Einschätzung nach Jahre dauern. Sie wolle nun kontrolliert aus den Risikogeschäften aussteigen, damit das Land daraus möglichst keinen Schaden haben werde.

Aufarbeitung beginnt

Unter der Federführung des Salzburger Landtages ist am Donnerstag der Startschuss für die Aufarbeitung des Finanzskandals erfolgt. Bis 16. Jänner werde Finanzreferent David Brenner dem Finanzüberwachungsausschuss einen Bericht über den aktuellen Stand aller Kredite, Veranlagungen, Derivate und Wertpapiere vorlegen, informierte  Cyriak Schwaighofer von den Grünen am Donnerstagabend in einer Aussendung. Deshalb werde der Beschluss des Budgets für 2013 voraussichtlich erst am 23. Jänner erfolgen.Bei der heutigen Beratung sei klar geworden, dass eine fundierte Analyse über die finanzielle Lage notwendig sei, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Für ihre Arbeit im Finanzüberwachungsausschuss wollen sich die vier Fraktionen SPÖ, ÖVP, Grüne und FPÖ zuerst einmal einen Gesamtüberblick über alle Derivate, Wertpapiere sowie die Durchlaufkonten in der Buchhaltung verschaffen. Auf dem Arbeitsprogramm stehen sowohl die Neustrukturierung des Wertpapier-Portfolios als auch eine Neukonzeption der diversen Kontrollmechanismen. Bezüglich der Derivatgeschäfte will sich der Ausschuss mit möglichen Ausstiegsszenarien befassen.

Bis 16. Jänner werde die Finanzabteilung den aktuellen Stand aller Kredite, Veranlagungen, Derivate und Wertpapiere eruieren. Brenner werde dem Finanzüberwachungsausschuss ebenfalls bis zum 16. Jänner einen Bericht zum aktuellen Stand der Erkenntnisse vorlegen, über Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und wie die weitere Vorgangsweise aussehen könnte?, schilderte Schwaighofer. Der Finanzüberwachungsausschuss werde erst dann die nächsten Schritte festlegen und notwendige externe Experten heranziehen.

"Das dringendste Problem ist zu erfahren: Können wir das Budget für 2013 beschließen oder müssen wir Reserven einbauen", sagte der Landtagsabgeordnete. Eine Doppelbudget 2013/2014 werde man am 23. Jänner wohl nicht beschließen können, denn bis dahin werde man nur einen groben Einblick haben. Was die Finanzabteilung bis zum 16. Jänner erarbeitet hat, soll auch noch von der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) gegengecheckt werden. "Erst dann kann der Landtag ruhigen Gewissens ein Budget absegnen."

Rechnungshof prüft

Nun schaltet sich auch der Rechnungshof (RH) ein. Dieser werde in den nächsten Tagen mit der Prüfung der Gebarung des Landes beginnen, hieß es am Donnerstag.

Kontrollrat soll U-Ausschuss nicht ersetzen

Der neue Kontrollrat des Salzburger Landtags, der die Aufklärungsarbeit übernehmen soll, wird den Untersuchungsausschuss nicht ersetzen, sagen ÖVP und Grüne. Zwei Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses sind am Mittwoch eingebracht worden. (mas, rasch, APA, derStandard.at, 13.12.2012)