Wien - Für die meisten Zuhörer im Publikum waren die Rollen klar verteilt: Den Part des Bösewichts übernahm Helmut Ettl, Vorstandsmitglied der Finanzaufsichtsbehörde FMA. Kaum, dass Ettl mit seinen Ausführungen über das geltende Recht bei Bankgeschäften begonnen hatte, kamen schon die ersten Buhrufe und Zwischenmeldungen aus dem Publikum. Als Ettls Kontrahent, Gea-Chef Heinrich Staudinger, das Wort ergriff, schlug die Stimmung bei der Diskussion am Dienstagabend im Haus der Musik sofort um, und Applaus brandete auf.

Arten der Unternehmensfinanzierung

Der Kampf zwischen dem Waldviertler Schuhhersteller Staudinger und den Finanzaufsehern dreht sich im Kern darum, welche Arten der Unternehmensfinanzierung erlaubt sind und erlaubt sein sollten. Staudinger hat in den vergangenen Jahren im Rahmen eines eigenen Sparvereins von rund 250 Personen Geld für sein Unternehmen eingesammelt. Für die FMA handelt es sich dabei eindeutig um ein Bankgeschäft, für das Gea keine Konzession besitzt, weshalb sie das Unternehmen per Bescheid zu einer Strafe und zur Rückzahlung von drei Millionen Euro an die "Einleger" aufgefordert hat.

Ettl legte dem Gea-Chef bei der von Standard-Redakteurin Verena Kainrath moderierten und vom Verein für Konsumenteninformation veranstalteten Diskussion nahe, alternative Finanzierungsmodelle zu nutzen um damit das Verfahren aus der Welt zu schaffen.

Ein Weg wäre die Begebung einer Gea-Anleihe. Staudinger sieht sich inzwischen aber als Vorkämpfer, der nicht nachgeben will: "Es geht nicht mehr nur um den Heini oder die Gea, es geht um eine Lösung für alle kleinen Unternehmen in Österreich."

Staudinger: Auflagen zu streng

Staudinger kritisierte, dass die Auflagen für die Begebung von Anleihen für kleine Betriebe zu streng seien. Die Kosten für die Erstellung eines Anleihenprospektes und die regelmäßige Vorlage von geprüften Bilanzen seien zu hoch. Sein Sparverein habe jedem Interessierten mit einfachen Worten klargemacht, worauf man sich einlässt, während den Inhalt der komplexen Prospekte ohnehin jeder sofort vergesse.

Ettl konterte, dass Staudinger nicht der kleine Unternehmer von nebenan sei, sondern mit Gea einen global agierenden Konzern betreibe, der nicht einfach so einen eigenen Sparverein betreiben darf.

Ein Teil der Diskussion fokussierte darauf, welches Risiko mündigen Bürgern zumutbar ist und welches nicht. Staudinger argumentierte wie der mit am Podium sitzende ÖVP-Politiker Michael Ikrath, dass der Staat die Bürger zu stark bevormunde. Schützenhilfe bekamen die beiden von Grünpolitiker Volker Plass.

Das Finanzierungsmodell von Gea werde wegen des angeblich hohen Risikos verboten, während man das viel riskantere Lotto ganz legal spielen darf, sagte Plass. Wie der Vorwurf, ein illegales Bankgeschäfte zu betreiben mit Lotto zusammenhängt, konnte er nicht erläutern. Schützenhilfe für die FMA gab es jedenfalls vom SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer, der mehrmals drauf beharrte, dass die FMA nur geltendes Recht durchsetze. (szi, DER STANDARD, 13.12.2012)