Potsdam - Es klingt paradox, aber stärkerer Schneefall - seinerseits eine Folge der Erderwärmung - kann das Eisvolumen in der Antarktis verringern. Das zeigt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Durch den Schnee werde der Eisfluss in Richtung Küste erhöht, schreiben die Forscher um Ricarda Winkelmann in "Nature".

Die sich auftürmenden weißen Massen seien schwer und übten auf das darunter liegende Eis Druck auf. Dadurch bewege sich das Eis schneller an den Rand der Antarktis, wo es abbrechen könne. Die Ergebnisse basieren auf einem Eismodell, dessen Entwicklung mit Hilfe von Computersimulationen bis ins Jahr 2500 verfolgt wurde.

Indirekter Effekt kann stärker sein als direkte Erwärmung

In den vergangenen beiden Jahrzehnten habe die Antarktis bereits merklich an Eismasse verloren, schreiben die Wissenschafter. "Der durch den Schneefall hervorgerufene Eisverlust ist in den untersuchten Klimaszenarien sogar größer als jener durch Erwärmung", sagte Hauptautorin Winkelmann. Befürchtet werde, dass die Antarktis durch diesen dynamischen Effekt sogar mehr zum weltweiten Anstieg des Meeresspiegels beitrage als bisher erwartet.

Mit der Studie wird auch die durch einige Klimamodelle geweckte Hoffnung getrübt, vermehrter Schneefall könne zum Anwachsen des Anarktischen Eispanzers führen. Durch die globale Erwärmung gibt es den Forschern zufolge mehr Niederschlag - also auch mehr Schnee -, weil warme Luft mehr Feuchtigkeit halten kann. Modelle hatten daher nahegelegt, dass durch mehr Schnee Wasser aus dem Wasserkreislauf genommen wird. Dieser Effekt könnte dem Anstieg des Meeresspiegels entgegenwirken und zum Zuwachs des Eises führen, so die Modelle.

Die nun veröffentlichte Untersuchung zeigt jedoch Gegenteiliges. "Schneefall und Eisverlust gehören zusammen", betont Winkelmann. So gehen etwa 30 bis 65 Prozent des Volumenzuwachses durch den Schnee aufgrund des in der Studie beschriebenen Effekts wieder verloren. Mehr Schnee in der Antarktis könne den Anstieg des Meeresspiegels nicht verhindern. "Das ist sehr beunruhigend." (APA/red, derStandard.at, 15. 12. 2012)