Die Ermordung John F. Kennedys 1963 in Dallas ist ein Mythos der modernen Mediengesellschaft. Kaum einer war damals dabei, aber alle kennen die Bilder und Theorien. In einem vierstündigen Abend im Wuk nimmt sich die Performance-Truppe Toxic Dreams nun des Mordfalls an: "The Big Event - Director's Cut". Im ersten Teil wird das Publikum ordentlich auf Sixties und die zahlreichen Verschwörungstheorien gebrieft.

An 1960er-Jahre-Comedian Lenny Bruce angelehnt, präsentiert Yosi Wanunu als Showmaster Wahlwerbung und Reden, den Modetanz Twist, aber auch "Verhöre" mit Gespielinnen des Präsidenten oder Fidel Castro. Letzterer wird von einem Schulkind mit Zigarre verkörpert, auch andere Einfälle sind charmant und detailverliebt - so tragen alle Performerinnen das rosa Kostüm, in dem Jackie Kennedy in Dallas Witwe wurde. Teil zwei macht die Zuschauer zu Statisten: Bei einem (sehr feinen) Drei-Gänge-Menü mimen sie jene Medienvertreter, die einst vergebens auf den Präsidenten warteten.

Ein Film zeigt währenddessen, wie Toxic Dreams in Dallas auf Verschwörungstheoretiker und Zeitzeugen trafen. Teil drei schließlich lässt die Air Force One auf einer Leinwand im Saal landen, das Publikum wird angehalten, Jack und Jackie mit USA-Fähnchen zuzujubeln. Anschließend fahren die beiden wieder und wieder in einer Kartonlimousine ein paar Meter ihres einstigen Weges. Einige der damaligen Amateurfilmer werden mit Scheinwerferlicht aus dem Geschehen herausgehoben und vorgestellt. Nahm der informationslastige erste Teil das Publikum nicht immer mit (Ausnahmen waren pointierte Spielszenen wie etwa die Lincoln-Ermordung), ist der letzte Teil treffsicherer. Atmosphärisch dicht lässt er die Begeisterung, Hoffnung und Verunsicherung hinter dem Mythos nachfühlen. (DER STANDARD, 12.12.2012)