Intensiv beschäftigt hat Susanne Alge sich mit Menschen, deren Unterwegssein kein freiwilliges war: Die Schriftstellerin hat sich im Laufe ihrer wissenschaftlichen und herausgeberischen Tätigkeit mit dem Schreiben im Exil beschäftigt: Unter anderem arbeitete sie über Alex Wedding, die als Wegbereiterin sozialistischer Kinder- und Jugendliteratur gilt. Über Elisabeth Freundlich (1906-2001) hat Susanne Alge (Jg. 1958) promoviert und Freundlichs Erinnerungen Die fahrenden Jahre herausgegeben.

Jüngst wandte sich die in Vorarlberg geborene, seit Jahren in Berlin lebende Autorin einer lustvolleren Art des "Fahrens" zu: Robiane Sisters heißt ein neuer Text, in dem zwei Damen, Größe XXL, durch die Zirkuslandschaft des Wilden Westens ziehen. Die Nichten dieser legendären Gigantinnen machen sich daran, die Wege ihrer Jugendheldinnen auf Wirklichkeitsgehalt abzuklopfen: Die eine soll einen Fürsten geehelicht haben, die andere gar einen Papst?

Besser könnte ein Text gar nicht in die aktuelle Ausstellung im Frauenmuseum Hittisau passen: Tollkühne Frauen präsentiert Kuratorin Brigitte Felderer dort, schräge, unbürgerliche Lebensentwürfe im Kontext von Zirkus und Varieté. Die historische Betrachtung rückt so manche vergessene Artistin ins Rampenlicht, Raja Schwah-Reichmanns Gestaltung ist prachtvoll und trägt dem Charakter des Themas Rechnung. Es gibt Löwenbändigerinnen, die auf Eisbären umsattelten, Direktorinnen und Dompteusen, Muskelfrauen, Akrobatinnen. Und Übergrößen sind kein Makel, sondern eine Sensation: Von übermannshoch gewachsenen Weibsbildern - à la Robiane Sisters - weiß die Ausstellung auch. Morgen Abend (20.00) liest Alge nach einer Führung durch die Ausstellung. (pen, DER STANDARD, 12.12.2012)