Die Ente wird seit eh und je verspeist, besonders gern und oft wird sie ins Rohr geschoben und gebraten. Mindestens ebenso lang wird bereits das Schwein in seinen eigenen Darm gestopft und sehr erfolgreich als "Wurst" vermarktet. Wieso also nicht, bevor Langeweile beim Entenkoch aufkommt, beides verbinden und auch die Ente einmal mit sich selbst befüllen.

Das hat mehrere Vorteile: Erstens werden aus einer mit sich selbst gefüllten Ente locker vier Personen satt, was der Vogel in seiner Ursprungsform nicht leisten kann. Zweitens lernt der Entenfüller einiges über Vogelanatomie und Umgang mit dem Entbeinungsmesser. Und drittens schmeckt das Ergebnis wirklich außergewöhnlich gut: ein ausgeprägtes, persönlich gestaltbares Entenaroma (hier leicht ins Süße gehend), eine vielfältige, sehr saftige Konsistenz und eine wirklich rundum knusprige Haut. Sicher, die Ente verliert etwas ihren fleischigen Charakter. Dafür gibt das Verwursten dem Koch aber die Chance, dem Vogel eine Tiefenwürze zu verpassen, die sonst nur sehr schwer möglich ist.

Im Gegensatz zum Schwein wird die Ente nicht in ihren Darm gefüllt, weil nicht nur ihre Reste, sondern die ganze Ente verwurstet wird und der Entendarm dann doch etwas eng werden würde. Stattdessen wird sie zerlegt und wieder zusammengebaut: gehäutet, entbeint, faschiert und schließlich wieder in die Haut gepackt. Das dauert seine Zeit und erfordert einen Fleischwolf, ist aber eine ideale Beschäftigung an einem besinnlichen Adventtag. Es muss ja nicht immer Keksebacken sein.

Foto: Tobias Müller

Zu beachten sind beim fröhlichen Entenbasteln die Grundregeln der Faschierkunst:

1) Ohne Fettzusatz geht gar nichts. Eine Wurst – und nichts anderes ist das hier – hat idealerweise ungefähr 25 bis 30 Prozent Fett, relativ unabhängig davon, was man in sie hineinfüllt. Als ideal gilt unter Connaisseuren jenes vom Schweinekinn und dem Rücken. Wer genug davon hat, kann auch Enten- statt Schweinefett verwenden, hat zumindest Meister Ruhlman auf meine Twitter-Anfrage gemeint: Einfrieren, kleinschneiden, faschieren.

2) Fett und Fleisch müssen bei der Verarbeitung wirklich (wirklich!) kalt sein. Ich habe das auch nicht recht ernst genommen, bis ich einmal im Sommer Bratwürste gemacht habe. Stimmt die Temperatur nicht, formen die beiden keine Emulsion, wie der Chemiker sagt, was zur Folge hat, dass beim Erhitzen sich das Fett vom Fleisch trennt und ausrinnt. Das Ergebnis ist eine äußerst trockene, eher bröselige Wurstmasse. Sowohl der Fleischwolf als auch die Schüssel und das zu Verwurstende müssen daher gekühlt werden. Mindestens eine Stunde vor dem Faschieren sollten deshalb die einzelnen Teile des Fleischwolfs und die Fleischschüssel (aus Metall!) in den Tiefkühler gestellt werden.

3) Das faschierte Fleisch rühren. Das entwickelt, ähnlich wie Kneten bei Teig, ein Protein im Fleisch, das die Bindekraft der Masse erhöht.

4) Aggressiv würzen. Das ist zwar bei kalt gegessenen Würsten noch viel wichtiger – wenn man schon einmal die Möglichkeit hat, wirklich jede Fleischzelle mit Aromatisieren zu penetrieren, sollte man das aber ausnutzen.

Ich habe für meine Wurst eine französische Barbarie-Ente, etwa 1,5 Kilogramm schwer, verwendet, die nicht gar so fett ist und bei der man also weniger Fett von der Haut schaben muss.

Weihnachtliche Entenwurst (nach Charcuterie)

Zuallererst wird das Knoblauchpüree zum Würzen vorbereitet. Dafür eine Knoblauchknolle (nicht nur eine Zehe) mit etwas Wasser in einen kleinen Topf geben, abdecken und eine Stunde bei 150 Grad backen. Anschließend herausnehmen, den Knoblauch halbieren, in ein Sieb drücken und durchstreichen. Fertig.

Dann die Ente häuten. Das ist eine Fitzelarbeit, aber nicht sonderlich kompliziert. Ich habe dafür beim Erstversuch etwa 40 Minuten gebraucht. Die Prozedur ist etwas mühsam zu beschreiben, am besten einfach loslegen, dann geht es fast von selbst.

Foto: Tobias Müller

Das Tier auf den Rücken legen und einen Schnitt vom Hals bis zum Bürzel setzen. Auf den Knochen runterzuschneiden schadet nicht, ist aber nicht nötig, es geht nur darum, die Haut durchzutrennen. Nun von hier aus erst auf der einen Seite und dann auf der anderen bis zu Flügel und Haxen abziehen. Stellenweise geht das fast von selbst, nur mit Zug, an anderen Stellen muss man mit dem Messer etwas nachhelfen. Beine und vor allem Flügel so ausziehen, wie man ein T-Shirt über den Kopf ziehen würde, nur etwas brutaler. Unter Umständen entstehen bei den Flügeln Löcher, was aber ziemlich wurscht ist.

Schließlich die Ente wenden und die Brust entlang bis zum Brustbein häuten. Das ist der mühsamste Teil, die Haut sitzt recht fest auf der Brust, und diese wird nachher mitunter nicht sehr ansehnlich aussehen, wenn man das nicht wirklich kann.

Weil sie aber ohnehin kleingeschnitten wird, braucht sich deshalb keiner zu grämen. Zuletzt die Haut vom Brustbein trennen und darauf achten, hier nicht vor lauter Ungeduld und Vorfreude doch noch ein Loch hineinzuschneiden.

Foto: Tobias Müller

Anschließend wird das Tier entbeint. Weil es wieder mal – siehe oben – egal ist, wie das Fleisch nachher ausschaut, ist auch das nur halb so aufregend, bloß Haxen und Flügel zieren sich da ein wenig. Ansonsten wird der Vogel so zerlegt, als ob er bereits gekocht wäre. An jeder Stelle gilt: Am Knochen entlangschneiden, die Anatomie beachten und nicht auf das Pfaffenstück vergessen.

Je nach Tier sollten Sie nun inklusive Brust etwa 350 Gramm Entenfleisch vor sich liegen haben. Wiegen Sie es, dividieren Sie die Menge durch drei und geben sie die entsprechende Menge Schweinefett (s. Punkt 1) dazu.

Foto: Tobias Müller

Anschließend die Brust würfeln und massiv mit Salz und Pfeffer würzen. Kurz scharf anbraten, bis die Würfel schön gebräunt sind, und aus der Pfanne nehmen. Eine klein gehackte Schalotte im Restfett anschwitzen und mit einem viertel Liter Sherry ablöschen. Radikal einkochen lassen, bis es eine Sauce wird, über die Würfel kippen, zur Seite stellen und abkühlen lassen.

Foto: Tobias Müller

In der Zwischenzeit faschieren: Ich habe die Witterung ausgenutzt und das im Garten getan. Wer so was nicht hat, arbeitet flink und mit gut gefrorenem Equipment. Erst das Entenfleisch, dann das Fett durch die kleine Scheibe treiben.

Foto: Tobias Müller

Den Knoblauchbrei und die erkaltete Entenbrust dazugeben, mit Salbei (frisch oder trocken) würzen und mit einem Holzlöffel so lange verrühren, bis die Masse gut vermischt ist. Wer drinnen arbeitet, rührt flott und nicht zu lange.

Foto: Tobias Müller

Die Masse ein wenig formen und in die Haut wickeln. Die Herren Ruhlmann und Polcyn frieren diese erst eine Stunde ein und kratzen dann das Restfett und -fleisch ab. Bei meiner Haut war das fast nicht nötig, bei fetteren Enten mag das Sinn machen. Entscheiden Sie selbst, wenn Sie Ihre Haut in der Hand halten.

Foto: Tobias Müller

Die fertige Wurst an den Enden fest abbinden und mit Garn verzurren. Dafür ein langes Stück abschneiden und an einem Ende festknoten. Dann immer eine Schleife formen, über die Wurst ziehen und festziehen. Bis zum anderen Ende fortsetzen und dort erneut verknoten.

Zum Braten erst die Sauce zum Begießen vorbereiten: Eine Zwiebel und Wurzelgemüse nach Lust und Laune würfeln, 200 Gramm Butter schmelzen und das Gemüse darin kurz anbraten. Die Rolle auf das Gemüse betten und bei 160 Grad etwa eine Stunde backen. Mit Backpapier bedecken, um die Roulade vor der Hitze zu schützen. Regelmäßig mit der Butter übergießen. Vor dem Servieren in einer heißen Pfanne rundum knusprig braten.

Ich habe die Wurst mit Kohl und Topinambur-Püree kredenzt, beides lässt sich aber problemlos durch Weihnachtsklassiker wie Rotkraut oder Entenfett-Bratkartoffeln austauschen. Sollte wider Erwarten etwas übrig bleiben: Kalt aufgeschnitten, mit Senf und eingelegtem Gemüse ist die Wurst ganz köstlich.

Foto: Tobias Müller

Ein kleiner Nachtrag zum letztmaligen Bucheintrag: Die Herren Corti und Desrues haben wieder einen neuen Slowfood-Führer auf den Markt gebracht. Wer will, kann mir Voreingenommenheit unterstellen, aber das Buch ist meiner Meinung nach der verlässlichste Fress-Ratgeber, der in Österreich zu kriegen ist. Hätt ich's nicht schon, ich tät mich drüber freuen. (Tobias Müller, derStandard.at, 16.12.2012)