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Die Christbäume werden für den Transport in Netze gepackt: Der offizielle Verkauf in Wien startet am Mittwoch.

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Christbaumbauer und Präsident der Europäischen Christbaumbauern Franz Raith. Die Herkunft der Christbäume lässt sich an Hand der angebrachten Schleifen bestimmen.

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derStandard.at: Herr Raith, Sie sind Präsident der Europäischen Christbaumproduzenten. Was genau machen Sie in dieser Funktion?

Franz Raith: Ich stehe einem Rat vor, in dem Christbaumbauern aus zwölf europäischen Ländern vertreten sind. In diesem Gremium beraten wir über die Zukunft unseres Metiers, über Trends und Veränderungen. Unsere Branche ist sehr dynamisch, es hat sich in der Vergangenheit viel verändert. So wurden etwa vor vierzig Jahren in Europa rund 10 Millionen Weihnachtsbäume produziert, heute sind es rund sechs Mal so viele.

derStandard: Es wird wohl kaum noch mehr Bedarf an Weihnachtsbäumen geben, allein in Österreich wird in drei Viertel aller Haushalte ein Baum aufgestellt.

Franz Raith: Tatsächlich haben wir immer noch einen Hoffnungsmarkt, und der liegt in Osteuropa. Dort werden sogar mehr Bäume als in Westeuropa aufgestellt, aber fast jeder zweite ist aus Plastik. Das liegt auch daran, dass die ehemals kommunistischen Forstbetriebe in diesen Ländern die Wälder sehr streng geschützt haben und es keine privaten Unternehmer gab, die Christbäume angeboten hätten.

derStandard.at: Welches Land exportiert die meisten Weihnachtsbäume?

Franz Raith: Im Norden Europas wachsen die meisten Christbäume, Dänemark beispielsweise hat einen Eigenbedarf von rund einer Million, produziert aber 16 Millionen. Doch die Bäume dort oder auch in Norddeutschland sind starken Winden ausgesetzt, was dazu führt, dass die Nadeln kürzer wachsen und der Baum insgesamt nicht so dicht aussieht. In Österreich, vor allem im südlichen Waldviertel, haben wir besonders gute Bedingungen für dicht wachsende Bäume. Da sind Böden, Niederschlag und das Klima durch die Donau perfekt.

derStandard.at: Viele Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft werden von Experten auf den Klimawandel zurückgeführt. Gibt es in der Christbaumzucht ebenfalls Naturereignisse, die Sie dem Klimawandel zuschreiben würden?

Franz Raith: Es gibt schon das Phänomen, dass Christbäume plötzlich in Gegenden gut gedeihen, wo das vorher nicht der Fall war. Aber ich würde nicht so weit gehen, das auf den Klimawandel zurückzuführen. Ich glaube, dass das kurzfristige Schwankungen sind, die es vielleicht auch schon vor 150 Jahren gab. Was aber sehr wohl die Christbaumproduktion in den letzten 20 Jahren verändert hat, waren die politischen Umwälzungen, die durch den Zerfall der Sowjetunion passiert sind.

Der Eiserne Vorhang als Qualitätsgarant

derStandard.at: Was hat der Fall des Eisernen Vorhangs Ende der Achtzigerjahre mit Christbäumen zu tun?

Franz Raith: Seitdem es die Sowjetunion nicht mehr gibt, ist es schwieriger geworden, qualitativ hochwertige Baumsamen zu bekommen. Das hat einen sehr einfachen Grund: Die Samen, die wir für die Zucht unserer Christbäume verwenden, stammen zum Teil aus der Türkei, die meisten aber kommen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion wie Georgien und Russland. Während des Kommunismus haben die staatlichen Stellen für die Ernte der Samen mit sehr guter Güteklasse gesorgt. Seitdem private Firmen das übernommen haben, schwankt die Qualität des Rohmaterials.

derStandard.at: Was genau bedeutet das für das Endprodukt?

Franz Raith: Einerseits geht es da um den Ertrag: Wenn man Pech hat und Samen von schlechter Qualität erwischt, kann man unter Umständen nur 20 bis 30 Prozent ernten, wenn man Glück hat aber 80 Prozent. Die Ernte hängt jedoch auch ganz massiv von unserem persönlichen Einsatz ab, also, wie intensiv wir unsere Bäume pflegen. Damit ein Baum gerade, dicht und gleichmäßig wächst, braucht es viel Einsatz, da ist sehr viel händische Arbeit von Nöten.

derStandard.at: Was passiert mit den Bäumen, die nicht so schön wachsen?

Franz Raith: Auch diese Bäume versuchen wir so effizient wie möglich zu nützen. Ihre Zweige und Äste werden zu Gestecken und Kränzen verarbeitet, genauso wie die der Bäume, die es zwar auf die Verkaufsstände schaffen, aber nicht verkauft werden. Der Rest, also die Stämme, wird wie die nach Weihnachten entsorgten Bäume verheizt. Alleine durch die Verbrennung jener Bäume, die nach den Feiertagen in Wien eingesammelt werden, können 75.000 Haushalte mit Strom und 15.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen. Der Baum bleibt also bis zum Schluss ein wertvolles Material. (Nina Brnada, derStandard.at, 11.12.2012)