Wie ist es um die Leseleistung der Schülerinnen und Schüler der vierten Schulstufe bestellt? Um diese Frage geht es bei der Studie "PIRLS" (Progress in International Reading Literacy Study), bei der Österreich nach 2006 zum zweiten Mal teilnahm. 

Platz 25

Das Ergebnis - die Daten beziehen sich auf das Erhebungsjahr 2011 - bedeutet nicht unbedingt Erfreuliches für Österreichs Schulsystem: Die Lesekompetenz hat sich verschlechtert. Erreichten Österreichs Schülerinnen und Schüler 2006 noch einen Mittelwert von 538 Prunkten, sind es heuer nur noch 529. Österreich belegt damit Platz 25 von insgesamt 45 Teilnahme-Ländern. 2006 erreichte Österreich immerhin noch Platz 20.

Vorne liegen vor allem Länder aus dem ostasiatischen Raum, von den europäischen Ländern schnitt Finnland am besten ab. Hongkong führt die Ergebnisliste an (571 Punkte), gefolgt von Finnland und Russland (beide 568 Punkte) und Singapur (567 Punkte).

 

Länderranking PIRLS

Generell haben die Schülerinnen und Schüler aller Teilnehmer-Länder aber gut abgeschnitten. Von 45 Ländern, haben nur 12 den von den Studienautoren vorgegeben Wert von 500 Punkten nicht erreicht. Darunter etwa Malta (477 Punkte), Indonesien (428 Punkte), oder das Schlusslicht der Skala, Marokko (310 Punkte).

Europäische Länder verschlechtern sich

Seit 2001 gelang es zehn Ländern ihr Level zu steigern, 13 Länder verbesserten sich seit 2006. Verschlechterungen gab es vor allem in europäischen Ländern. Neben Österreich schnitten beim Test 2011 auch Deutschland, Ungarn und Italien schlechter ab als noch 2006.

Nur 5 Prozent "Spitzenleser"

Die PIRLS-Studie unterscheidet zwischen verschiedenen Lese-Levels. Advanced International Benchmark (625 Punkte), High International Benchmark (550 Punkte), Intermediate International Benchmark (475 Punkte), and Low International Benchmark (400 Punkte).

Es zeigt sich, dass Österreich verhältnismäßig wenige "Spitzenleser" hat: Nur 5 Prozent der Kinder erreichten beim Test 2011 die höchste Kompetenzstufe. 2006 waren es noch acht Prozent. Das ist im europäischen Vergleich eher wenig, England und Finnland kamen beispielsweise auf je 18 Prozent. Spitzenreiter ist hier Singapur: 24 Prozent der Schülerinnen und Schüler des Landes erreichen die höchste Kompetenzstufe, gefolgt von Russland und Nordirland.

Lesen und verstehen

Bei PIRLS werden außerdem zwei "Verstehensprozesse" unterschieden: Beim "Wiedergeben und einfachen Schlussfolgern" (539 Punkte, 2006: 544 Punkte) schnitten die Österreicher besser ab als beim anspruchsvolleren "Interpretieren, Verknüpfen und Bewerten" (521 Punkte, 2006: 530 Punkte). 

In fast allen Ländern schnitten die Mädchen besser ab als die Buben. Damit wird der Trend von 2006 fortgesetzt. Eine Ausnahme bildet hier Österreich, wo es wie zum Beispiel auch in Spanien bei den Ergebnissen keine Unterschiede nach Geschlechtern gab.

Familiärer Hintergrund

Einen großen Unterschied gibt es zwischen jenen Kindern, die Deutsch schon vor Schuleintritt sprachen (93 Prozent) und jenen, die erst in der Schule Deutsch lernten (7 Prozent). Erstere erzielten 533 Punkte, zweitere Gruppe nur 490 Punkten. 

Auch ist ein Leistungsunterschied zwischen jenen Kindern, deren Eltern einen Universitätsabschluss haben, und jenen, deren Eltern maximal die Sekundarstufe I abgeschlossen haben, zu erkennen.

Internationale Studie

PIRLS testet die Leseleistungen von Schülern am Ende der vierten Klasse Volksschule. Durchgeführt wird sie alle fünf Jahre von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) mit Sitz in Boston (USA), in Österreich wickelt das Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) die Studie ab: Insgesamt nehmen daran regulär 48 Staaten teil, dazu kommen noch neun "Benchmark-Regionen" und drei Länder (Botswana, Kolumbien, Südafrika), in denen die Tests auch in der fünften oder sechsten Schulstufe durchgeführt wurden.

Durchführung von März bis Mai 2011

In Österreich wurden dafür von Ende März bis Mitte Mai 2011 rund 5.200 Schüler aus 160 zufällig ausgewählten Schulen getestet. Die Kinder mussten zwei Texte lesen und anschließend Multiple-Choice-Fragen und Fragen mit offenem Format beantworten (siehe PIRLS-Beispielaufgabe). Dafür standen ihnen 80 Minuten zur Verfügung. Anschließend war noch ein Fragebogen auszufüllen, in dem etwa nach Leseverhalten und Einstellung zum Lesen gefragt wurde. Mittels Fragebögen an Eltern, Lehrer und Direktoren wurden außerdem Infos über Unterricht, Schulen und außerschulische Lebenswelt der Kinder erhoben. Die Daten einzelner Schüler bzw. Schulen werden nicht ausgewertet - weder haben die Leistungen Einfluss auf die Noten noch werden Schulrankings erstellt. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 11.12.2012)