Es ist ein Comeback, das nicht nur Europa beunruhigt. Mit 76 Jahren kandidiert Silvio Berlusconi zum sechsten Mal für das Amt des Regierungschefs. "Ich trete an, um zu siegen", tönt der populistische Ex-Premier, der erst vor wenigen Wochen wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden ist. Alles scheint wie immer: Die Partei segnet den Alleingang des alternden Patriarchen ab. Die Zahl jener, die sich im Popolo della Libertà gegen Berlusconis Entscheidung wehren, lässt sich an einer Hand abzählen.

Nach bewährtem Muster versucht der Cavaliere, die frühere Allianz mit der Lega Nord wieder zu aktivieren. Doch die Aussicht, dass der alte Populist den Wahlkampf mit europafeindlichen Slogans prägen könnte, lässt viele Italiener um die Zukunft des Landes bangen. Berlusconis Rückwärtssalto beweist erneut, wie weit Italien von politischer Normalität entfernt ist. Seine Rückkehr macht mit einem Schlag die Bemühungen Mario Montis zunichte, der dem Land wieder zu internationalem Ansehen verholfen hatte.

Berlusconi hat erfolgreich eine Reform des Wahlrechts verhindert und will nun auch das Gesetz aushebeln, das eine Kandidatur rechtskräftig Verurteilter verhindert. Die Tageszeitung "La Stampa" kleidete am Sonntag die Hoffnungen zahlreicher Italiener in einfache Worte: "Wir möchten endlich in einem normalen, vielleicht sogar langweiligen Land leben, in dem wir uns nicht schämen müssen und in Europa Gehör finden. Ein Jahr lang waren wir nahe dran." (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 10.12.2012)