Wir lieben die Franzosen für ihr Talent, so ziemlich alles in Delikatessen zu verwandeln, was vier Beine hat und kein Tisch ist. Umso mehr verwundert, was vergangene Woche auf der Titelseite von Le Monde zu lesen war: Ausgerechnet Frankreich wird seit geraumer Zeit von einer Wildschwein-Invasion beängstigenden Ausmaßes heimgesucht, die Jäger erklären sich für machtlos.

Bei Teutates! Die wandelnden Festtagsbraten scheinen jeden Respekt vor den Galliern verloren zu haben: Einmal wird ein Juweliergeschäft am helllichten Tag von einer Rotte Wildschweine verwüstet, dann sorgen sie im Zentrum einer Provinzstadt für eine ausgewachsene Panik oder wühlen sich unter den Sicherungszäunen einer TGV-Hochgeschwindigkeitsstrecke durch, worauf sie prompt überfahren werden - nicht ohne selbst dabei massive Schäden anzurichten. Allein 2009 gab es 26.000 Kollisionen mit Wildschweinen im Straßenverkehr.

Nun vermehren sich Wildschweine vielerorts stärker als bisher, auch in Österreich. Dass sie aber ausgerechnet im Heimatland von Asterix und Obelix so massiv überhandnehmen können, ist doch bemerkenswert.

Nobeljuwelen, Hochtechnologie, Autos: Es sieht ganz so aus, als ob sich die Wildschweine gegen alles verschworen hätten, was Frankreich einmal groß gemacht hat. Ein Schluck vom Zaubertrank wäre jetzt dringend nötig. (Severin Corti, DER STANDARD, 10.12.2012)