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Peking zählt zu den Megacities mit den größten Problemen bei der Luftqualität weltweit. Der zunehmende Autoverkehr ist eine von vielen Ursachen dafür. Sandstürme aus der Wüste Gobi können die Situation zusätzlich verschlimmern.

Foto: REUTERS/China Daily

Lyon/Leipzig - Pro Jahr gelangen geschätzte ein bis drei Milliarden Tonnen Wüstenstaub in die Atmosphäre. Die Mineralstaubteilchen haben eine wichtige Bedeutung für die Strahlungseigenschaften, den Wasserkreislauf und die Chemie der Atmosphäre. Wissenschafter haben nun einen neuen Mechanismus entdeckt, bei dem der Wüstenstaub als Katalysator dazu beiträgt, dass sich in der Atmosphäre unter UV-Licht vermehrt gasförmige Schwefelsäure und anschließend daraus Sulfate bilden. Durch zunehmende Wüstenausbreitung in den Trockengebieten wird damit gerechnet, dass die Menge und die Wirkung von Mineralstaub künftig weiter wachsen wird.

Während des Auf-und Abstiegs reagieren Mineralstaubteilchen mit Schwefeldioxid (SO2) und anderen atmosphärischen Spurengasen. Während bisher angenommen wurde, dass die Anwesenheit von Staubteilchen die Bildung von Schwefelsäurepartikeln durch Nukleation (also die Bildung neuer Partikel) unterdrückt, zeigen die neuen Untersuchungen, dass über die Anwesenheit von Staubteilchen die Schwefelsäurebildung befördert werden kann. Bei ihren Arbeiten entdeckten Forscher von der Universität Lyon und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) nun die Bildung neuer Partikel über einen bisher unbekannten Reaktionsweg der Partikelnukleation von Schwefelsäure in der Troposphäre.

Wüstenstaub als Fotokatalysator

Dabei spielen die Halbleiter-Eigenschaften von mineralischen Staubpartikeln eine entscheidende Rolle als Fotokatalysator. „Unsere Beobachtungen im IRCELYON-Labor deuten darauf hin, dass die Fotochemie des Staubes zur Bildung von gasförmiger Schwefelsäure als Zwischenprodukt führen kann, die entweder teilchenförmiges Sulfat oder unter staubarmen Beladungen zumindest neue Partikelkeime zur Folge hat", berichtet Yoan Dupart von der Université Claude Bernard in Lyon. Die Metalloxide in den Staubpartikeln wirken als Fotokatalysator, die die Bildung gasförmiger OH-Radikale unterstützen, die wiederum die Umwandlung von Schwefeldioxid in Schwefelsäure in der Nähe der Staubpartikel starten.

Eine intensive Messkampagne in der Region um Chinas Hauptstadt Peking zeigte starke Staubereignisse einen Tag bevor die Wissenschafter Partikelneubildung beobachteten. "Hohe Konzentrationen von mineralischen Staubpartikeln konnten wir auch noch am folgenden Morgen feststellen. Die Luft hatte zuvor die Gobiwüste passiert", berichtet Bettina Nekat vom TROPOS, die ihre Doktorarbeit über die chemische Zusammensetzung der Partikel schreibt.

"Haze in China"

Im Winter und Sommer 2009 haben Wissenschafter des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung zusammen mit der Universität Peking jeweils einen Monat lang umfassende Messungen im Rahmen des Rahmen Projektes HaChi ("Haze in China") durchgeführt. Die Ballungsräume um die Hauptstadt Peking und die Hafenstadt Tianjin leiden häufig unter schwerer Luftverschmutzung und geringer Sichtweite. Ursache dafür sind Schadstoffemissionen, die unter bestimmten Bedingungen zur Bildung von Dunst führen - verursacht durch den starken Zuwachs in Wirtschaft und Bevölkerung der letzten Jahrzehnte. Verschärft wird die Situation zusätzlich durch Sandstürme aus der Gobiwüste, wie die neuen Erkenntnisse nun unterstreichen.

"Die Kombination aus Labor- und Felduntersuchungen belegt insgesamt klar, dass die Halbleiter-Eigenschaften der atmosphärischen Staubteilchen zu neuen chemischen Eigenschaften führen, die die Bildung von Aerosolpartikeln im Zusammenhang mit Staub in der Troposphäre beeinflussen", fasst Hartmut Herrmann vom TROPOS zusammen. (red, derStandard.at, 07.12.2012)