Graz - "Balkong" oder" Balkon", "Kaffee" auf der ersten oder der zweiten Silbe betont: Zwischen dem (hoch)deutschen und der österreichischen Aussprache des Deutschen gibt es etliche Unterschiede.  An der Forschungsstelle Österreichisches Deutsch an der Universität Graz hat man nun eine Datenbank entwickelt, welche die jeweiligen Standards und Varianten dokumentiert.

Der Grazer Linguist Rudolf Muhr beschäftigt sich nicht nur mit den grammatikalischen, sondern auch mit phonetischen Eigenheiten des Österreichischen Deutsch und vergleicht sie mit den Standards in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz. Die Ergebnisse führten zum "Österreichischen Aussprachewörterbuch" und zuletzt die Aussprache-Datenbank "ADABA".

Wertfrage?

Das Österreichische Deutsch verfüge über eine eigene Aussprachenorm, für die man sich nicht schämen müsse, betont Muhr. Bei vielen österreichischen Sprecherinnen und Sprechern sei jedoch ein "Hang zum deutschländischen Deutsch" erkennbar, konstatiert der Linguist. Das hänge aus seiner Sicht damit zusammen, dass das Norddeutsche fälschlicherweise als Norm angesehen werde.

Lange Zeit sei in Österreich auch das "Burgtheaterdeutsch" als Normsprache geführt worden - aus seiner Sicht eine überhöhte Norm der theatralischen Darstellung. "Die Norm, die wir uns für das Projekt kodifiziert haben, war die 'Medienpräsentationssprache '", so der Wissenschafter. Darunter versteht Muhr jene Sprache, die sowohl geschulte als auch ungeschulte Sprecher verwenden, wenn sie im Rundfunk oder Fernsehen auftreten.

Drei Länder, mindestens dei Sprachvarianten

Muhr hat im Rahmen seines umfangreichen Projektes einen Korpus an rund 75.000 Wörtern und 50 Modelltexten erstellt. Dieser wurde von jeweils zwei Sprecherinnen und Sprechern aus Österreich, Deutschland und der Schweiz gesprochen und aufgenommen. Damit steht erstmals eine umfassende Dokumentation der Aussprache des Österreichischen Deutsch zur Verfügung, welche die Ausspracheformen und Standardvarianten in Österreich repräsentiert und jenen Deutschlands und der Schweiz gegenübergestellt. (APA/red, derStandard.at, 5. 12. 2012)