Nicht jeder ist im fortgeschrittenen Alter so fit wie diese Dame.

Foto: Home Instead

Paul Fritz will heimische Senioren umsorgen lassen.

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Der US-Betreuungsriese Home Instead startet im neuen Jahr in Österreich mit Seniorenhausbetreuung durch. Nach Österreich bringt das Unternehmen der gebürtige Tiroler Paul Fritz, der sich seine Sporen in diesem Berufsfeld in der Schweiz geholt hat. Das Unternehmen arbeitet mit einem Franchise-Modell und sucht nun Partner im gesamten Bundesgebiet - Lizenzen schlagen mit 30.000 Euro zu Buche. Die Betreuer werden laut Paul Fritz ausnahmslos angestellt.

derStandard.at: Sie starten mit Home-Instead in der Senioren-Betreuung daheim. Es gab schon Pilotprojekte in Österreich. Was haben Sie daraus gelernt?

Fritz: Die Nachfrage ist da. Die Herausforderung ist sicher, die richtigen Mitarbeiter zu den richtigen Konditionen zu finden

derStandard.at: Die Schweizer sind viel weiter, was die Ökonomisierung des Gesundheitssystems betrifft als die Österreicher. Was ist hier anders?

Fritz: In Österreich ist im Gesundheitssystem sehr viel staatlich kontrolliert. Es gibt - anders als in der Schweiz - sehr viele Subventionen. Österreich wird sich in Richtung Schweiz entwickeln, davon bin ich überzeugt. Was man heute macht, ist auf Dauer nicht finanzierbar.

derStandard.at: Die Österreicher sind sehr skeptisch, was die Ökonomisierung im Gesundheitssystem betrifft. Gesundheit ist für viele ein Thema, wo man sich zunächst einmal nicht gerne einem ganz offensichtlich gewinnorientiertem Unternehmen ausliefert. Wie wollen Sie Vertrauen gerade in diesem sensiblen Bereich gewinnen?

Fritz: Es gibt bei Senioren einfach einen Bedarf an Unterstützung. Was Caritas und Co machen, ist bedarfsorientierte Arbeit. Unterschiedliche Mitarbeiter kommen, um die notwendige Tätigkeit zu erledigen. Und das zu jener Zeit, die organisatorisch möglich ist.

derStandard.at: Wie unterscheiden Sie sich von Caritas und Co?

Fritz: Wir schicken immer den gleichen Mitarbeiter, kommen zur Wunschzeit des Kunden. Das ist eher ein bedürfnisorientiertes Arbeiten. Aber natürlich muss man das auch privat bezahlen.

derStandard.at: Das heißt, Sie sind auch teurer?

Fritz: Der große Teil der Senioren bekommt Pflegegeld. Pflegestufe eins bis drei, dort können wir helfen, weil wir ja nur nichtmedizinische Begleitung machen. Wir werden rund 20 Franken (Anm. ca. 16,5 Euro) pro Stunde verlangen, weil wir mit angestellten Mitarbeiter arbeiten und nicht mit selbstständigen Personenbetreuern, so wie das in Österreich in der Regel abgedeckt wird. Da gibt es viele, die bereit sind, das zu bezahlen. Sozialsprengel sind unterschiedlich. Die kosten zwischen acht und 15 Euro pro Stunde. Die sind etwas günstiger, weil sie subventioniert sind.

derStandard.at: Wie unterscheidet sich das Dienstleistungsspektrum?

Fritz: Wir machen Alltagsbetreuung, wie gegen Einsamkeit da sein, Unterhaltung, Hauswirtschaft auf professioneller Basis. Wir bieten aber auch Spezialbetreuung bei Demenzerkrankung oder Sterbebegleitung. Das ist eines unserer stärksten Standbeine und da sehen wir ganz großen Bedarf in Österreich.

derStandard.at: Welche Ausbildung haben Ihre Angestellten?

Fritz:
Wir haben sehr gute interne Ausbildungen, deren Kosten natürlich wir übernehmen. Wir bilden etwa in der Schweiz bis zum Rot-Kreuz-Pflegehelferkurs aus. Nach zwei bis vier Jahren sind die Mitarbeiter ausgebildet, um auch in Pflegeberufen tätig zu sein, etwa im Altersheim. Wir haben weltweit ein ganz neues Alzheimer-Demenzprogramm lanciert.

derStandard.at:
Muss ich da auf Ihr Konzept vertrauen, oder gibt es da vergleichbare Qualitätsstandards?

Fritz: Nein, gibt es nicht. Nicht nur in Österreich nicht. Wenn ich bei Demenzbetreuung bleibe: In Österreich gibt es 100.000 an Demenz erkrankte Menschen. 75 Prozent der Aufgaben, die erledigt werden müssen, sind im nichtmedizinischen Spektrum. Dort gibt es keine Regeln oder Standards oder Qualitätssicherungen. Das kann im Grund jeder machen. In Österreich soll es ja angeblich 40.000 selbstständige Personenbetreuer geben, die das machen. Es gibt schon eine Ausbildung in Österreich, aber die ist keine Voraussetzung, um selbstständige Personenbetreuung zu machen.

derStandard.at: Wir haben in Österreich unter anderem das Modell der legalisierten 24-Stunden-Betreuung zuhause: Können Sie etwas Besseres bieten?

Fritz: Ich sehe das ganz kritisch, wie das in Österreich umgesetzt wird. Da gibt es keine Qualitätssicherung, keine Kontrolle. In der Schweiz geht man weg von den selbstständigen Personenbetreuern. Die sind zwar kostengünstiger, weil sie keinem Arbeitsgesetz unterliegen, aber man geht in der Schweiz ganz klar über zu einem System mit Qualitätssicherung.

derStandard.at:
Bei Ihrem Unternehmen muss ich auch darauf vertrauen, dass Sie die richtigen Standards setzen.

Fritz: Das ist richtig. In der Schweiz haben wir aber einen Branchenverband organisiert, der Standards definiert. Wir haben Fachleute, die Qualitätsbesuche machen.

derStandard.at: Betreuung ist ein hartes Geschäft. Haben Sie genug Bewerber?

Fritz: Ja, absolut. Das ist der ideale Job für Wiedereinsteiger. Unser Durchschnittsmitarbeiter in der Schweiz ist weiblich und 52 Jahre alt. Das ist meist eine Frau, die eine Ausbildung gemacht hat und dann 20 Jahre daheim Kinder groß gezogen und ihre Familie betreut hat.

derStandard.at: Sozialarbeit ist meist auch schlecht bezahlt. In der Schweiz warf man den Betreuungsanbietern Lohndumping vor. Geht sich das Geschäft anders überhaupt aus?

Fritz: Es ist so, dass es in der Schweizer Branche einen Mindestlohn gibt. Alle Home-Instead-Betriebe halten diese Löhne ein. Unser Problem sind Mitarbeiter, die aus dem Osten in die Schweiz hinein kommen. Da wird auch ganz intensiv seitens der Regierung daran gearbeitet, um das zu stoppen. Wir können mit den Rahmenbedingungen in der Schweiz leben.

derStandard.at: Und in Österreich?

Fritz: Wir können es auch in Österreich. Wobei in Österreich ist es schwieriger, weil hier der Unterschied zwischen einem Angestellten und dem legalen selbstständigen Personenbetreuer massiv ist. Wir werden uns hier im BAGS-Standard (Anm.: Gesundheits- und Sozialberufe) bewegen. Da liegt der Einstiegsstundenlohn zwischen 8,50 und 9,50 Euro. Wenn man dann etwa eine Demenzausbildung macht, wird sich das im Lohn widerspiegeln. (Regina Bruckner, derStandard.at, 5.12.2012)