Detail der Ausstellung "Amicale Succursale: Prolongation" von Joëlle Tuerlinckx.

Foto: Galerie n. St. Stephan / Markus Wörgötter

 Ihre extensiven Rauminstallationen zeigt derzeit die Wiener Galerie nächst St. Stephan.

Wien - Joëlle Tuerlinckx würde sich wohl kaum als Kuratorin bezeichnen. Und zwar nicht nur weil sich die belgische Künstlerin auch in ihrem Werk gerne Zuordnungen widersetzt. Für die aktuelle Präsentation hat sie befreundete Künstler eingeladen, gemeinsam mit ihr eine Ausstellung zu gestalten.

Amiccale Succursale: Prolongation ist der Titel der Schau, den man salopp mit "Verlängerung freundschaftlicher Zusammenarbeit" übersetzen könnte. Eigentlich meint "Succursale" so etwas Ähnliches wie Zweigstelle, also eine Erweiterung im Raum, während sich die Künstlerin mit "Prolongation" auf die zeitliche Ausdehnung beruft.

Damit benennt Tuerlinckx schon im Titel jene beiden Parameter, die für die Entstehung ihrer Arbeiten wichtig sind: Im Stehen und Gehen durch den Ausstellungsraum entwickelt sie ihre extensiven Rauminstallationen, die dieses Mal auch Kooperationen mit Willem Oorebeek, Orla Barry, Guillaume Bijl, Christoph Fink und anderen umfassen.

Selbst daran interessiert, im Gehen neue Beobachtungen zu machen, begegnet man in der überwiegend mit seriellen, eher kleinteiligen Arbeiten bestückten Schau auch ihrer Theory of Walking: Es handelt sich dabei um 40 Skizzen, auf denen Tuerlinckx ihre räumliche, aber auch mentale Bewegung in Raum und Zeit registriert.

Ganz offensichtlich an subjektiven Systematiken (Systématique ist auch der Titel einer Arbeit, in der sie Zeitungsartikel verschiedenen Farben zugeordnet hat) interessiert, bricht die Künstlerin die vermeintliche Aufgeräumtheit der Schau jedoch immer wieder mit ungewöhnlichen Präsentationsformen auf: Auf der Fensterbank liegen weiß angemalte Orangen, und die beiden Keramiken von Christoph Fink werden überhaupt verkehrt herum präsentiert. Nimmt man sie nicht in Hand, bleiben einem die darauf aufgezeichneten Montreal Walks des Künstlers, der gemeinsam mit Tuerlinckx auch ein Tonstück produziert hat, leider verborgen.

Bevor man sich das Soundexperiment im letzten Raum anhören kann, gilt es in der hiermit schwer empfohlenen Schau jedoch noch viel zu entdecken: einen von Tuerlinckx in Altrosa getauchten Raum etwa, die handgemachten Filzteppiche von Orla Barry, das Bild Für die Vögel von Helmut Federle und - auch nicht ganz ironiefrei - ein schwarz übermaltes Ausstellungsplakat, das Willem Oorebeek mit Black out Guillaume Bijl betitelt.  (Christa Benzer, DER STANDARD, 6.12.2012)