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Putin konstatierte "totale Übereinstimmung" in der Syrienfrage mit seinem Gastgeber, dem türkischen Premier Erdogan: Russland wie die Türkei wollten die Rückkehr des Friedens. Über die Details sollen die Außenminister nachdenken.

Foto: AP/Nikolsky

Bei seinem ersten Auslandsbesuch seit einem Monat hat der scheinbar angeschlagene russische Präsident Putin neue Vorschläge für ein Ende des Syrienkriegs gemacht. Doch mehr wollte er in Istanbul nicht verraten.

 

Besonders gefällt ihm die Vorstellung nicht, das machte Wladimir Putin klar. Wenn man ein Gewehr an die Wand hänge, dann wird es irgendwann auch einmal zum Schuss kommen, sagte der russische Präsident am Ende seines Arbeitsbesuchs am Montag in Istanbul. Gemeint hat Putin damit die Stationierung von Patriot-Raketen der Nato im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Noch diese Woche erwartet die türkische Regierung den offiziellen Beschluss der Allianz.

Man müsse auch die Folgen jedes Schrittes bedenken, mahnte Putin indirekt seinen türkischen Gastgeber Tayyip Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Es gäbe "neue und frische Ideen" zur Beilegung des Krieges in Syrien, gab Putin aber auch bekannt. Welche Ideen, wollte er aber nicht sagen. Sie bedürften noch der Vorbereitung; die Außenminister beider Länder seien damit nun beauftragt.

Russland hat im UN-Sicherheitsrat bereits dreimal sein Veto gegen Syrien-Resolutionen eingelegt. Türkische Diplomaten versicherten, auch Russland sei sich bewusst, dass der Krieg in Syrien nicht fortdauern könne. Moskau sähe derzeit jedoch keine Alternative zum Regime von Bashar al-Assad. Erwartet wurde deshalb, dass Erdogan seinen Gast von der Seriosität der syrischen Opposition zu überzeugen versuchte.

Vergangenen Oktober war das Verhältnis zwischen Russland und der Türkei kurzzeitig auf einem Tief, als die türkische Luftwaffe eine syrische Passagiermaschine auf dem Flug von Moskau nach Damaskus zur Landung zwang und stundenlang durchsuchte. Erdogan behauptete danach, an Bord habe sich "Munition" befunden. Die türkische Regierung konnte diesen Vorwurf jedoch nicht belegen.

Bombenangriff an der Grenze

Die syrische Luftwaffe bombardierte am Montag die Grenzstadt Ras al-Ain, die kurdische und arabische Aufständische eingenommen hatten. Dabei schlugen auch in der gegenüberliegenden Stadt Celyanpinar wieder Artilleriegeschosse ein. Türkische Kampfjets stiegen erneut auf, offensichtlich, um syrische Militärmaschinen vom türkischen Luftraum fernzuhalten.

Offiziell standen Energiefragen im Mittelpunkt der türkisch-russischen Gespräche. Die Türkei ist auf höhere Öleinfuhren aus Russland angewiesen, weil der Import aus dem Iran ein weiteres Mal um 20 Prozent gesenkt werden wird. Damit kommt Ankara den US-Sanktionen gegen Teheran nach. Russland ist bereits der größte Gaslieferant der Türkei. Es wird auch das erste Kernkraftwerk im Land bauen - an einer Erdbebenfalte in Akkuyu an der Mittelmeerküste nahe der türkischen Hafenstadt Mersin. Vergleiche mit den japanischen Katastrophenreaktoren in Fukushima tut Erdogan regelmäßig als Unsinn ab.

Putin war am Flughafen vom türkischen Energieminister empfangen worden. Der russische Präsident wirkte aufgedunsen und weit weniger energisch als früher. Beim Aussteigen aus der Maschine hielt er sich am Geländer der Gangway fest. Der Kreml hatte in den vergangenen Tagen erneut Berichte dementiert, wonach sich der 60-Jährige beim Judo eine Rückenverletzung zugezogen hatte. Es war gleichwohl Putins erste Auslandsreise seit einem Monat. (Markus Bernath aus Istanbul /DER STANDARD, 4.12.2012)