Am sechsten Tag der GS Trophy in Südamerika geht es erst eineinhalb Stunden durch den Regenwald und dann zum Flat-out an den Strand

Der starke Regen des Vortages, der in der Früh immer noch anhält, zwingt die BMW GS Trophy-Crew dazu, den Tagesplan kurzerhand komplett umzukrempeln. Der Massacre-Hill ist nicht zu befahren. Die Strecke wäre für die Fahrer zu gefährlich, und die Autos, die mit Arzt, Mechaniker und Bergecrew folgen sollten, haben keine Chance, über den Berg zu kommen.

Foto: bmw

Die erste Sonderprüfung, eine Navigationsübung, die kann aber auch im starken Regen stattfinden. Sechs Punkte am Gelände des Campingplatzes, auf dem wir nächtigten, müssen die Teams anlaufen. Genau, laufen. Mit der GS zu fahren, wäre der Tod fürs Gelände. Binnen Sekunden wäre der gesamte Rasen zerstört, wenn 45 Teilnehmer gleichzeitig voll aufs Gas gehen. Und dass die am liebsten Vollgas fahren, haben sie in den letzten Tagen ausreichend bewiesen.

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Sechs Geocaches müssen die Fahrer finden und haben dafür eineinhalb Stunden Zeit. Auf den letzten Drücker schafft es das Team Alps, alles Caches ins Ziel zu bringen. "Es war sehr mühsam, wir mussten Querfeldein, durch Sträucher und unter Bäumen durch", sagt Armin Schnyder im Ziel. Er ist außer Atem, klatschnass und bereits dabei, sich die Kleider vom Leib zu reißen. In Unterhosen wärmt er sich am Lagerfeuer und trocknet sein Gewand.

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Der immer noch gehandicapte Willy Schmidtmayr ist natürlich wieder mit von der Partie. "Der Regen war schlimm, weil wir schnell komplett nass waren. Ich bin einmal auf die verletzte Schulter gefallen, was auch keine Freude war, und die Dornen der Sträucher machten die Aufgabe auch nicht einfacher. Aber am Ende bin ich froh, dass wir die Sonderprüfung in der Zeit erledigen konnten", erzählt er, während die Jury noch über der Auswertung sitzt.

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Doch bevor das Team Alps zur nächsten Sonderprüfung kann, muss Willy erst einen Patschen an seiner GS flicken. Eine halbe Stunde später ist das Team doch am Weg und trifft noch rechtzeitig am Strand des Calaf Quen, einem der "Sieben Seen" ein, um am Strandrennen teilzunehmen.

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Tiefer schwarzer Sand fordert von den Fahrern das Letzte, aber das Team Alps schlägt sich fantastisch. Weder die beiden Schweizer noch der Österreicher stürzen und fahren die drittschnellste Zeit ins Ziel.

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"In den letzten Tagen hatte ich oft Probleme bei den Sonderprüfungen, weil ich sie unterschätzt habe. Das ist mir jetzt nicht passiert", sagt Wild-Willy. Vor allem die 180-Grad Wende zwang viele Fahrer zu Boden. Im tiefen Sand das Tempo aus dem Bike zu nehmen, ist für sich schon ein Grund zu stürzen, dabei auch noch einlenken zu müssen, ist wie der Lottosechser für die Erdanziehung.

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Tomm Wolf, Mastermind hinter der GS Trophy, hat diese Sonderprüfung kurzerhand aufgestellt, um jene am Massacre-Hill zu ersetzen, und schaffte es auch am Strand ein Massaker zu veranstalten.

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Noch spektakulärer war aber der Sturz des Journalisten, der das Team Brasilien begleitet, Luciano Lancelotti de Jesus. Auf einer der Brücken am Weg von der ersten zur zweiten Sonderprüfung, zwingt ihn der vor ihm Fahrende zu einer Notbremsung. Luciano verbremst sich am nassen Holz, es verschlägt ihm das Vorderrad und er biegt fast im rechten Winkel ab, stürzt von der Brücke, vier Meter in die Tiefe.

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Es braucht mehr als ein dutzend Fahrer, um das Motorrad wieder zu bergen. Aber kaum ist sie wieder auf der Straße, die GS, setzt sich Luciano wieder drauf und fährt weiter, als ob nichts wäre. Nur jede Menge Dreck an Bike und Fahrer zeugen vom Ausflug. Die GS war mit zwei Kabelbindern wieder gerichtet - das Display war lose -, Luciano hat einen Kratzer am Rücken. Sein Motorrad ist nun das Jesus-Bike und wird von BMW natürlich als Beweis der Qualität gerne bei jeder Gelegenheit erwähnt.

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In die Tageswertung geht dieser marketingtechnisch doch recht glückliche Sturz - er hätte auch ganz leicht das genaue Gegenteil sein können - nicht ein. Brasilien ist am Ende des Tages, in der Endwertung auf Platz 13. Das Team Alps hat sich heute gut geschlagen und erreicht den Platz 5. In der Gesamtwertung bedeutet das, das Team steigt auf Platz fünf auf. In Führung ist weiter das Team aus Deutschland, vor dem Team aus Frankreich und dem Team aus Argentinien. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 3.12.2012)

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