Auktion auf Ebay: "FTD" versteigert  zugunsten von "Reporter ohne Grenzen" Redaktionsutensilien wie Heuschrecken im Schaukasten und signierte Erstausgaben.

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Kaum eine Woche ohne Horrormeldung aus der Zeitungsbranche. Fast schon in Serie werden Zeitungen eingestellt, Redaktionen zusammengelegt, JournalistInnen entlassen. Zunehmend mehren sich die Todesanzeigen in eigener Sache. Ein neues Prekariat entsteht, nicht nur auf dem journalistischen Arbeitsmarkt, auch in der allein gelassenen Leserschaft. Je weniger Zeitungen, um so weniger Informationsvielfalt für uns alle. Das Massensterben im Blätterwald ist eine systemimmanente Bedrohung der Informations-, der Pressefreiheit. Qualitätsorientierte Presseförderung ist mehr denn je notwendig – zumindest in der EU.

Aus der Traum

Erster Donnerschlag in diesem Herbst: das renommierte US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" teilt mit, nach 80 Jahren wird die Printausgabe eingestellt, online bleibt das Blatt erhalten. Die traditionsreiche "Frankfurter Rundschau" meldet Konkurs an, wir erinnern uns an die Bilder der verzweifelten, weinenden RedakteurInnen. Jüngsten Meldungen zufolge ist der Konkursverwalter ratlos, weil überhaupt kein Geld mehr vorhanden ist.

Am 7. Dezember erscheint die letzte Ausgabe der deutschsprachigen "Financial Times". Aus der Traum. Via Internet werden verbliebene Redaktionsutensilien versteigert. Die MitarbeiterInnen werden kaum mithalten können. Sie werden entlassen. Insgesamt kündigt der Mutter-Konzern Gruner & Jahr in diesem Zusammenhang grosso modo 360 VerlagsmitarbeiterInnen. Im Namen des G & J-Vorstandes bedauert Julia Jäkel, es gehe ein bedeutendes Kapitel deutscher Publizistik zu Ende. Was sollen sich die geschassten MitarbeiterInnen dafür kaufen?

Nun kündigt auch d a s deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" wegen rückläufiger Umsätze einen strikten Personalabbau an, ein solcher sei zumindest nicht ausgeschlossen. Spiegel-TV muss jedenfalls bereits 40 Stellen einsparen. Selbst die Axel-Springer-Gruppe will mehrere, noch nicht namentlich genannte, hauseigene Blätter zusammenlegen.

Der Arbeitsmarkt wird sehr eng

Und in Österreich? Auch hier wird kräftig eingespart. Die Tageszeitung "Die Presse" und das "Wirtschaftsblatt" wurden im diesjährigen Sommer zusammengelegt, die Redaktionen sollen, laut Mutterkonzern Styria, weitgehend getrennt bleiben, Personalabbau ist nicht ausgeschlossen. Auch im kleinen Österreich wird der Arbeitsmarkt zunehmend eng, sehr eng.

Hungerlöhne in Italien

Blick über die Grenzen: Italien. Dort erhalten freie JournalistInnen für Artikel inzwischen nur noch zwischen 50 Cent und acht Euro bezahlt. Das ist keine Horrorvision sondern Realität. Selbstmorde angesichts solcher Hungerlöhne und Perspektivlosigkeiten sind nicht ausgeschlossen. Erschütternd.

"Signal für Europa"

Um auch auf diese Entwicklung hinzuweisen, verleiht Reporter ohne Grenzen Österreich am 6. Dezember im Presseclub Concordia den "Press Freedom Award – Signal für Europa" an zwei italienische Journalistinnen. Der Nachbarstaat Italien ist Gründungsmitglied der EU. (Rubina Möhring, derStandard.at, 1.12.2012)