"Mein schwarzer Labrador Figo ist mein tägliches Fitnesstraining." Susanne Riess in ihrem bisweilen knacksenden Wohnzimmer in Salzburg-Land.

Foto: Dietmar Tollerian

Die ehemalige Politikerin und heutige Wüstenrot-Generaldirektorin Susanne Riess lebt an der Salzburger Peripherie. Wojciech Czaja zog den Kopf ein und besuchte sie.

"Ich habe mir immer schon ein altes Haus auf dem Land gewünscht. Als ich nach meiner Zeit als Politikerin zu Wüstenrot gewechselt bin und daher nach Salzburg ziehen musste, habe ich mich nach der Erfüllung dieses alten Traums umgesehen. Ich hatte Glück. Das war das zweite Haus, das ich mir angeschaut habe. Das ist jetzt acht Jahre her.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Eigentlich wurde das Haus vor 300 Jahren errichtet, stand damals aber ganz woanders, ein paar Kilometer weiter. Vor 35 Jahren wurde es dann abgetragen und katalogisiert. Der Vorbesitzer hat sich sehr darum bemüht, den alten Charme zu erhalten und das Haus originalgetreu, Detail für Detail, wieder aufzubauen. Sogar die Hanfseile zwischen den Holzträmen und die Fensterbänkchen aus Marmor sind angeblich noch so wie damals. Nur der Erker ist neu. Das ist sozusagen eine kleine Verfälschung des Originals.

Jedenfalls erklärt der Wiederaufbau, warum es heute eine ölbetriebene Zentralheizung gibt und warum das Gemäuer immer noch in einem so guten Zustand ist. Ich musste fast nichts renovieren. Nur an die niedrigen Türstöcke musste ich mich gewöhnen. Für Leute über 1,70 und für mich in Stöckelschuhen sind die alten Durchgänge eine Herausforderung. Manchmal haut man sich den Kopf an.

Beim Reinkommen merkt man sofort: So ein Holzhaus riecht einfach anders. Außerdem knackst es manchmal. Holz arbeitet eben. Natürlich muss man bei der Möblierung auf die Charakteristik der Räume Rücksicht nehmen. Im Erdgeschoß habe ich mich daher sehr stark am Landhausstil orientiert. Das Schönste ist: Ich habe einen Kachelofen und einen Kamin. Im Winter, wenn's draußen stürmt und schneit, dann ist es im Haus richtig kuschelig. In die Flammen zu schauen, das hat etwas Beruhigendes. Wenn Gäste zu Besuch sind und ich das Feuer anmache, dann reden alle immer viel langsamer. Irgendwann verstummt das Gespräch dann ganz.

Ich wohne hier zwischen drei Seen, und ich kann kilometerweit durch die Landschaft spazieren, ohne Menschen oder Autos zu sehen. Hier gibt's nur Bauernhöfe und Natur. Die meisten Besucher verfahren sich, rufen dann an und sagen: 'Du, ich steh da jetzt bei einem Nussbaum, wo muss ich denn hin?' Die perfekte Umgebung, wenn man Haustiere hat! Ich drehe täglich ein, zwei Runden mit meinem schwarzen Labrador Figo und mit meinen beiden Katzen Diego und Rosi, die eigentlich als Hunde aufgewachsen sind. Das ist mein tägliches Fitnesstraining.

Ich bin jetzt eine richtige Pendlerin. Mit dem Auto brauche ich rund 35 Minuten ins Büro. Öffentlich geht das hier leider nicht. Allein schon zur nächsten Bushaltestelle ist es eine Dreiviertelstunde zu Fuß. Das ist der Nachteil an dieser Lage. Verkehrstechnisch ist Salzburg schwierig, um es mal gelinde zu sagen.

Ob man als Generaldirektorin eines Bausparunternehmens die Zersiedelung und Verspeckgürtelung der Städte mitfinanziert? Das weiß ich nicht. Mag schon sein. Es gibt zwar auch innovative Wohnprojekte, aber generell kann ich sagen: Wenn man die fachkundige Beratung durch ausgebildete Architekten berücksichtigen würde, dann gäbe es weniger 08/15-Bauten und mehr ökologisch und kulturell wertvolle Bausubstanz.

Das Problem ist: Das Fördersystem in Österreich ist viel zu inkonsequent. Die Wohnbauförderung ist zwar an Einkommenskriterien gebunden, aber das allein reicht nicht. Was fehlt, sind durchgreifende ökologische und strukturelle Richtlinien. Die Lebenserwartung der heutigen Kinder liegt bereits bei 95 bis hundert Jahren. Ich fürchte, wenn wir nicht bald flexibler agieren, dann werden wir uns die Schaffung von generationengerechtem Wohnraum eines Tages nicht mehr leisten können." (DER STANDARD, 1./2.12.2012)