Innsbruck - Eine der grundlegendsten Fragen auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten lautet: Warum entwickelt nur ein kleiner Teil infizierter Kinder eine klinische Erkrankung?

Ein Beispiel sind Erkrankungen mit Herpesviren: In selten Fällen kann es bei Kindern und Jugendlichen zu einer schwerwiegenden Komplikation, einer Entzündung des Gehirns, kommen. Der diesjährige Ilse- und Helmut-Wachter Preisträger Jean-Laurent Casanova stellte erstmals die Hypothese auf, dass das Zusammentreffen angeborener Einzelgendefekte die Immunität negativ beeinflusst und zum Auftreten schwerer Erkrankungen im Kindesalter führt.

Der bekannte Kinderarzt und Immunologe konnte eine neue Gruppe von Gendefekten beschreiben und charakterisieren, die offensichtlich gesunde Kinder dafür prädisponieren an einer bestimmten Infektion zu erkranken. So konnte er die molekulargenetischen Ursachen von verschiedenen kindlichen Infektionskrankheiten aufklären. Dazu zählt die bereits erwähnte Herpesvirusinfektion genauso wie mykobakterielle Erkrankungen, invasive Pneumokokkenerkrankungen oder chronisch mukokutane Candiasis (seltene Pilzinfektion). 

Neue therapeutische Optionen

"Die Studienergebnisse bieten einerseits die Grundlage für genetische Beratungen und sind andererseits die Basis zur Entwicklung neuer therapeutischer Möglichkeiten", erklärt Lukas Huber, Vorstandsvorsitzender der Ilse- und Helmut-Wachter Stiftung und Direktor des Biozentrums der Medizinischen Universität Innsbruck über die Hintergründe der Entscheidung des Preiskomitees.

Die Erkenntnisse von Casanova kommen bereits kleinen Patienten zu Gute, auch in Innsbruck. "Wir haben Casanova schon Proben geschickt, wenn wir eine der von ihm beschriebenen seltenen Erkrankungen vermutet haben", erklärt Müller. Die weltweit vernetzte Zusammenarbeit sei in der universitären Spitzenmedizin üblich. Nach Innsbruck werden daher zum Beispiel häufig Proben von Neugeborenen mit Verdacht auf eine seltene angeborene Durchfallerkrankung, der so gennannten Mikrovillus Einschlusserkrankung (MVID), geschickt. Die Medizin Uni Innsbruck gilt als eines der weltweit führenden Zentren für die Diagnostik und Erforschung von MVID und hat gerade im Bereich der Seltenen Erkrankung eine besondere Expertise. (red, derStandard.at, 30.11.2012)