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Forks ist auch ohne "Twilight"-Vampire ziemlich aufregend: Für Holzfäller gibt's hier ein Museum und einen bekannten Baumumhackwettbewerb.

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Die beeindruckenden Urwälder um Forks werden in "Breaking Dawn - Bis(s) zum Morgengrauen (Teil 2)" nur als Kulisse für Lagerfeuerstimmung wahrgenommen.

Foto: Constantin

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Neon-Kreuze helfen nicht gegen die "Twilight"-Vampire.

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Anreise und Unterkunft

Am besten von Wien über Frankfurt nach Seattle; Lufthansa fliegt Seattle täglich von Frankfurt aus an. Forks ist einfach mit dem Auto erreichbar: von Seattle über die Autobahn I-5 nach Olympia, weiter über Landstraßen; oder mit der Fähre - entweder von Seattle nach Bremerton oder von Edmonds nach Kingston - weiter über Port Angeles. Unterkunft: Quileute Oceanside Resort, komfortable Hütten, direkt am Strand von La Push; alternativ: Lake Quinault Lodge: stilvoll-rustikales Landhaus, malerisch am Lake Quinault gelegen.

Grafik: DER STANDARD

Im Forks Coffee Shop, der Pancakes serviert, die so groß sind, dass sie die Spiegeleier über den Tellerrand drängen, stärken sich Einheimische für die Arbeit und Touristen für ihre Ausflüge. An den Wänden hängen zwei Hirschtrophäen und alte Ausschnitte der Zeitung Forks Forum. Es ist heimelig und abgewohnt. Zwei Frauen mittleren Alters, eine im "Team Edward"-Sweatshirt, nehmen die Szene glücklich in sich auf: In einem Lokal wie diesem könnte Bella ihren Gemüse-Burger gegessen haben. Am Nebentisch sitzt ein Pärchen, Schulter an Schulter, eine Landkarte vor sich ausgebreitet. "Jacob", zischelt der junge Mann: Er tippt mit dem Finger auf die Karte und kreist den Ort ein, an dem er seinen Helden vermutet. Die Frau lächelt verlegen.

Forks, ein kleiner Ort im US-Bundesstaat Washington, am Rande des Olympic National Park, hat 3532 Einwohner, einen Supermarkt, drei Tankstellen und ein paar Restaurants, Bars und Motels. An durchschnittlich 212 Tagen im Jahr regnet es. Auf diese Statistik stieß auch die Autorin Stephenie Meyer. Daraufhin siedelte sie die Hauptfiguren ihrer Jugendbuchserie Twilight hier an: die Vampirfamilie Cullen, deren Haut nur bei Sonnenschein verdächtig funkelt. Bella, zunächst sterblich, Tochter des Sheriffs, ist dem Cullen-Adoptivsohn Edward verfallen. Jacob, den die jungen Leute mithilfe einer Landkarte aufspüren wollten, gehört zu den Quileute, einem indianischen Stamm in Washington. Im Bedarfsfall wird er zum Werwolf.

Die vier Liter Regen, die in Forks fallen, färben die Vegetation saftig grün. Nur in den drei Sommermonaten lässt der Regen nach, und das Moos, das im nahegelegenen Hoh-Regenwald 500 Jahre alte Bäume umwuchert, wird braun. Spätestens im Oktober kehrt der Regen zurück.

Im verlässlich bewölkten Forks schickt Meyer die Vampir-Teenager der Cullens auf die Highschool. Als die Bücher vor sieben Jahren auf den Bestseller-Listen auftauchten, dauerte es nicht lange, bis Touristen vor der örtlichen Schule auftauchten, erinnert sich Susan Brager, die gemeinsam mit ihrem Mann die Pension Miller Tree Inn betreibt. Andere fragten sich zum Krankenhaus durch, wo Vampir-Vater Carlisle Cullen ordiniert.

Die Bewohner von Forks reagierten rasch: In den Restaurants wurden Bella-Burger und Jacob-Black-Shakes auf die Karten gesetzt, und die Motelbesitzer verwandelten einige Zimmer in "echte" Twilight-Unterkünfte: Zwei Poster und Handtücher mit dem Schriftzug "Twilight" genügten dazu. Beim örtlichen Krankenhaus wurde ein Parkplatz für Dr. Cullen reserviert. Rund 15.000 Touristen kamen vor Twilight nach Forks: um zu fischen und wegen der Naturschönheiten in der Umgebung. 2010, auf der Höhe des Vampir-Hypes, waren es 73.000.

Wo Werwölfe baden gehen

25 Kilometer westlich von Forks, nach einer kurzen Autofahrt durch Ausläufer des Regenwaldes, erreichen Besucher die imposanten Pazifikstrände des Quileute-Reservats. Eine Kette von Brandungspfeilern, manche mit Bäumen darauf, ist den Stränden vorgelagert und verstärkt den Effekt einer fremden Welt. Direkt am Strand First Beach liegt das Zentrum des Reservats, La Push. 700 Leute zählen zum Stamm der Quileute (sprich: Kwiljut), 350 bis 400 leben im Gebiet um den Quillayute-Fluss. Die besondere Sprache, der die Laute "m" und "n" fehlen, und die örtliche Abgeschiedenheit haben die Quileute zu einer zurückgezogenen Gemeinschaft zusammengeschweißt, von der die Welt in der Vergangenheit nicht viel wusste. Doch dann erfand Meyer die Figur Jacob, angelehnt an die Legende der Quileute, an deren Beginn Wölfe stehen.

Am First Beach sammeln zwei Mädchen Sand in Marmeladegläsern. Sie tragen schwarze Kapuzenshirts mit der Aufschrift "Team Jacob". "Twilight ist ein Geschenk für die ganze Region", sagt Jackie Jacobs, die Sprecherin der Quileute. Nicht zuletzt, weil die Fans dadurch an der echten Geschichte des Stammes interessiert seien. "Das hat den Quileute eine Plattform gegeben, um über ihre Lebensweise aufzuklären", sagt Jacobs. Viele Amerikaner wüssten nämlich nicht einmal, dass die Reservate eigene Länder innerhalb des Landes seien.

Willkommen ist dem Stamm freilich auch das zusätzliche Geld. Fischerei ist die Haupteinnahmequelle der Quileute, doch die Arbeitslosigkeit hält immer wieder bei bis zu 50 Prozent. Im Juli kommen die Touristen nun zu den "Quileute Days", einem Fest mit Gesangs- und Tanzveranstaltungen, Kanu-Wettfahrten, Lachsgrillen und Feuerwerk. Die Bewohner verdienen an Kunsthandwerk und betreiben einen Webshop. Zwei Dutzend renovierte Motelzimmer im Reservat und 44 Hütten mit angeschlossenem Campingplatz sollen den Besucheransturm auffangen. Jacobs erzählt von einer Frau, die handgeflochtene Hüte mit den Namen der Twilight-Charaktere darauf fertigt. Die Einnahmen verwendet sie, um ihren Kindern die Teilnahme an Schulveranstaltungen zu ermöglichen.

Pflichtlektüre für die Kammer

Dass die fünf Spielfilme der Twilight-Serie unter anderem in Oregon, North Carolina und in der Nähe von Vancouver gedreht wurden, stört in Forks nicht weiter. Hier konzentriert man sich auf die Romane. Pensionsbesitzerin Brager erinnert sich daran, wie die Mitarbeiter der örtlichen Handelskammer anfingen, die Twilight-Bücher zu lesen, um Fragen der Touristen beantworten zu können. Bald darauf war ein Rundgang zusammengestellt. 2012 sind die Angebote ausgereift: Eine Geburtstagsfeier zu Ehren Bellas, am 13. September, lockte heuer mehrere tausend Besucher an.

Früh schon wurde Bragers Pension zum Cullen-Haus bestimmt, weil das Gebäude, so die Argumentation, den Beschreibungen in den Büchern am besten entspricht. Seither ist am Briefkasten der Name Cullen vermerkt, ein Salon ist dem Büro von Carlisle nachempfunden, in einem anderen hängen eingerahmte Doktorhüte - als Erinnerung an die vielen Highschool-Abschlüsse der alterslosen Vampir-Teenager.

30.000-mal pro Jahr verschickt Marcia Bingham, Chefin der Handelskammer, die Unterlagen der Twilight-Tour in alle Welt. Im Besucherzentrum hängt eine Weltkarte, wo Gäste ihren Heimatort mit einer Stecknadel markieren können. "Viel Platz gibt es nur noch in Grönland und Russland", scherzt Bingham.

Am Wochenende vor Thanksgiving, als in den USA der letzte Twilight-Streifen in den Kinos anlief, waren die Zimmer des Miller Tree Inn ausschließlich mit Fans belegt. Brager hofft jedenfalls, dass sich die Begeisterung über den Film noch über den Winter zieht. Insgesamt kühlt der Hype nämlich bereits ab.

Nach letzten Zahlen meldeten sich 2011 rund 45.500 Touristen im Besucherzentrum an, 28.000 weniger als noch zwei Jahre zuvor. Aus Bragers Sicht ändern sich auch die Fans, die nach Forks kommen. Zuerst seien es Familien mit halbwüchsigen Töchtern gewesen, inzwischen würden sich Mütter und Großmütter für die Lektüre interessieren. "Die Kinder", meint Brager, "haben das Kapitel längst abgehakt."