Das Weisheitsversprechen seines schlohweißen Haarschopfs wird ein leeres bleiben, die Inserate, die er nun in Zeitungen schalten lässt, nähren diese Einschätzung mehr, als sie, wie beabsichtigt, vom Gegenteil überzeugen. Aufrufe wie "Schluss mit dem Schuldenmachen" und "Keine Privilegien und Steuerschlupflöcher" - mit keinen oder bestenfalls abstrusen Handlungsanleitungen unterlegt, wie sie in Taten umzusetzen wären -, hörte man hierzulande stets am lautesten aus dem Munde politischer Bankrotteure, die mehr Privilegien konsumierten und mehr Schulden hinterließen als die Privilegienritter und Schuldenmacher, gegen die sie auszogen.

Die "neuen Werte" des Frank Stronach sind mühelos als alte Hüte zu erkennen, wenn man sie ohne kleinbürgerliche Heilserwartung entziffert. Dass er mit solch eher unkritischer Haltung vor allem in der Leserschaft bestimmter Medien rechnet und seine Glaubensbotschaft daher, jedenfalls vorläufig, auf dem ihm freundlich gesinnten Boulevard verbreitet, deutet weniger auf Selbstzweifel hin als auf gezielten Einsatz seiner Mittel.

Dafür war er sogar bereit, sein Formular zur Bändigung eines heimtückischen Journalismus als "Missverständnis" zurückzunehmen, um im Wirtschaftsblatt verkünden zu dürfen, "Beim zweiten Mal will ich die absolute Mehrheit", noch ehe es für ihn ein erstes Mal gegeben hat. Wie er mit dem größeren Missverständnis um die Eurofighter-Gegengeschäfte letztlich umgehen wird, steht uns noch ins Haus.

Stärker an die Befindlichkeit der nationalen Seele rührt die Behauptung: "Österreich braucht keine Berufspolitiker!" Damit wird der späterweckte Hobbypolitiker selbst bei vielen, die ihm seine Erlösungsmarotten nicht abnehmen, eine Saite zum Klingen bringen, auch wenn sie den von keinerlei Kenntnis und Verständnis des politischen Systems getrübten Unsinn, der darin liegt, durchschauen. Es ist nicht zu leugnen, dass die Leistungen der politischen Klasse seit mehr als einem Jahrzehnt in einem Ausmaß zu wünschen übrig lassen, das die demokratischen Grundlagen des Staates beschädigt - auch durch die Hervorbringung nicht mehr nur populistischer, sondern offen autoritärer Politikertypen wie Stronach.

Wuchernde Korruption und der lahme Wille aufzuklären, die sinkende Fähigkeit, Probleme zu lösen, wechselseitige Blockaden und ein nur noch zynisch anmutender Opportunismus, der lange eingenommene Positionen über Nacht diskussionslos in ihr Gegenteil wendet, lassen "die Politiker" insgesamt unglaubwürdig erscheinen, und vollends, wenn sie ans Volk delegieren, was sie selber nicht zu leisten vermögen. Mit Freizeitpolitikern, die sich berufen wähnen, ohne demokratisch berufen zu sein, dafür nach zwei Perioden abtreten, ist aber weder die Blockade des Systems zu lösen, noch die Stimmung zu verbessern. Politik ist eben nicht so einfach, wie Stronach Wirtschaft halluziniert - das beste Produkt zum besten Preis. Sie ist ein Beruf, für den es spezieller fachlicher und charakterlicher Fähigkeiten bedarf. Die Auslese findet, wo sonst, in den Parteien statt, und deren Methoden sind deutlich verbesserungswürdig. (Günter Traxler, DER STANDARD, 30.11.2012)