Eine Kellnerin hetzt von der Küche ins Restaurant. Gerade Gastro-Jobs sind ein idealer Nährboden für Erwerbsarmut: Saisonale Arbeitslosigkeit paart sich mit schlechter Bezahlung.

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Arbeiterkammer und Sozialforscher schlagen Alarm: Immer mehr Menschen leben trotz Beschäftigung an der Armutsgrenze. In der Privatwirtschaft haben bereits weniger als die Hälfte Vollerwerbsjobs.

Salzburg - Die Zahlen sind dramatisch: Österreichweit liegt der Anteil der "Working Poor" - also der Anteil jener Menschen, die trotz Beschäftigung in Armut leben - bei rund 5,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. "Das heißt, dass knapp die Hälfte aller Armutsgefährdeten arbeiten geht", sagt die Sozialexpertin der Salzburger Arbeiterkammer Karin Beer.

Noch dramatischer sind die Zahlen in jenen Bundesländern, wo der Dienstleistungsanteil besonders hoch ist. Beispielsweise im touristisch geprägten Land Salzburg. Im Einkommensranking der Länder liegt das vermeintlich reiche Salzburg auf Platz sieben. Hier findet bereits jeder fünfte Beschäftigte weniger als 1000 Euro auf dem Lohnzettel. Zum Vergleich: Die Schwelle zur Armutsgefährdung liegt bei 1066 Euro. In der Privatwirtschaft hat aktuell mehr als jeder Zweite keinen ganzjährigen Vollerwerbsjob mehr.

Öffentliche Aufträge mit Auflagen

Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, hat die AK das Salzburger Sozialforschungsinstitut "Solution" mit einem Maßnahmenkatalog gegen das Phänomen "Armut trotz Arbeit" beauftragt. Resultat ist ein 61-Punkte-Programm.

Ganz oben steht das Prinzip "Auftragsvergabe und Wirtschaftsförderung nur an gute Arbeit". Demnach sollen von Bund, Ländern und Kommunen in Hinkunft "Betriebe, die trotz Wettbewerbsdrucks angemessene Arbeitsbedingungen bieten, gezielt gefördert werden", erläutert Studienautorin Birgit Buchinger von "Solution". Vorbild für dieses Prinzip sind mehrere deutsche Bundesländer. Hier werden bereits - auf rechtlicher Basis - bei der Wirtschaftsförderung oder der Vergabe öffentlicher Aufträge jene Betriebe bevorzugt, die Kriterien wie Mindestlöhne, Frauenförderung oder Lehrlingsausbildung erfüllen. Kriterien könnten auch unbefristete Dienstverhältnisse oder begrenzter Anteil von Leiharbeitern sein, sagt Buchinger. Dort, wo das nicht möglich ist, solle die Gewerkschaft auf Betriebsvereinbarungen drängen. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 30.11.2012)