Barcelona (APA) - Nach den katalanischen Regionalwahlen am vergangenen Sonntag stellt sich die Regierungsbildung für den nationalistischen Wahlsieger Artur Mas (Convergencia i Unio/CiU) immer komplizierter dar und gefährdet sogar seinen eingeschlagenen Unabhängigkeitskurs. Die einzige Partei, die im katalanischen Regionalparlament in Barcelona sein Unabhängigkeitsreferendum unterstützt, hat sich laut spanischen Medien am Donnerstag geweigert, eine Regierungskoalition einzugehen.

Aufgrund zu großer ideologischer und vor allem wirtschaftspolitischer Meinungsunterschiede lehnte Oriol Junqueras von der radikalen, linksnationalistischen Separatistenpartei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) es ab, eine Koalition mit der konservativ-bürgerlichen Convergencia i Unio einzugehen. Zwar sagte Junqueras dem katalanischen Ministerpräsidenten Mas zu, seine Neuwahl zu bestätigen und ihm gerade mit Blick auf seine separatistischen Ziele zu einem unabhängigen katalanischen Staat im Parlament zu unterstützen, machte dies allerdings auch von einer Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik abhängig.

Die linksnationalistischen Separatisten sprechen sich einerseits vehement gegen den rigiden Sparkurs der konservativen Nationalisten aus, andererseits sind sie nicht dazu bereit, die unpopulären Kürzungen in fast allen Bereichen in der Regierung mitzuverantworten. "Die Katalanen haben uns aber zur zweitstärksten Fraktion gemacht, weil wir uns für die Unabhängigkeit, aber auch für einen sozialverträglichen Weg aus der Krise aussprechen", verdeutlicht der ERC-Abgeordnete Alfred Bosch gegenüber der APA. So bot ERC-Chef Junqueras Ministerpräsident Mas an, eine nationalistische Minderheitsregierung von der Opposition aus zu unterstützen.

Doch Mas kündigte bereits am Mittwoch an, dass er weder eine Minderheitsregierung anführen will, noch dass es eine Alternative zum Sparkurs gebe. Die Nationalisten von CiU planen im kommenden Jahr sogar weitere vier Milliarden Euro einzustreichen, was beinahe der gesamten Summe entspricht, welche die Regionalregierung 2011 und 2012 zur Empörung der ERC und großer Bevölkerungsteile einsparte, um die ausufernde Staatsverschuldung zu bremsen.

Mas, der vor allem wegen seiner unpopulären Spar- und Rotstiftpolitik an den Urnen abgestraft wurde und dessen Convergencia i Unio von 62 auf 50 Abgeordnete im katalanischen Regionalparlament in Barcelona abrutschte, kündigte bereits an, trotzdem an seinem Unabhängigkeitskurs festzuhalten, aber nur wenn er über eine stabile Regierung verfügt. Das bedeutet: Mas gibt sich nicht mit der punktuellen parlamentarischen Unterstützung zufrieden, um wie bisher erneut eine Minderheitsregierung anzuführen, sondern will eine stabile Regierungskoalition eingehen.

Francesc Homs, Sprecher der katalanischen Regierung, rief die ERC erneut auf, die wirtschaftspolitischen und ideologischen Meinungsverschiedenheiten beiseitezulegen, um nicht "diese historisch einmalige Möglichkeit für ein Referendum zu vergeuden". Gleichzeitig zeigt sich die CiU offen für andere Koalitionspartner.

Nach der Absage der Separatisten gibt es aber kaum Alternativen für die Nationalisten. Ciutadans und Grüne haben zu geringes Gewicht im Parlament und sind gegen den Unabhängigkeitskurs der Nationalisten. Ein Zusammengehen mit der konservativen Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy wäre aus rein ideologischen Gründen denkbar, weil auch Artur Mas' Nationalisten eine streng konservativ-bürgerliche Politik verfolgen. Doch die Konservativen stellen sich vehement gegen die Trennung Kataloniens von Spanien und damit ist eine Koalition mit der PP ausgeschlossen.

Mas hatte all seine Karten auf die Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums gesetzt und kann nun nicht einlenken, ohne seine politische Glaubwürdigkeit ganz zu verspielen.

Bleiben nur noch Kataloniens Sozialisten (PSC), die sich nicht gegen die Durchführung eines Referendums über das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen aussprechen, aber ebenfalls gegen die Abspaltung von Spanien sind. Immerhin wollen sie eine Föderalisierung Spaniens. Das könnten die Nationalisten zusammen mit einem neuen Fiskalpakt ihren Wählern zumindest als einen akzeptablen Kompromiss verkaufen. (Von Manuel Meyer/APA)