Mit 1. Juli 2013 bekommt nun auch Österreich seine "Bilanzpolizei". Es sei "besser als nix", sagte Anlegerschützer Wilhelm Rasinger, als sich die Regierung bei ihrer Klausur vor wenigen Wochen auf den dazu gehörigen Gesetzentwurf einigte. Allerdings sei es ein typisch österreichischer Kompromiss, "nachdem das Thema mit fünfjähriger Verspätung angegangen wurde", kritisierte er.

Am Donnerstag passierte die Einrichtung einer "Enforcementstelle" - so heißt sie im Fachjargon - einstimmig den Finanzausschuss. In den meisten europäischen Ländern gibt es ein solches Verfahren zur Überprüfung der Rechnungslegung und der Richtigkeit wichtiger Kapitalmarktinformationen von Unternehmen schon.

FMA begrüßte Entwurf

Als Prüfstelle sieht die Vorlage der Regierung die Finanzmarktaufsicht (FMA) vor. Das Gesetz tritt erst zur Jahresmitte in Kraft. "Die Einrichtung einer 'Enforcementstelle Rechnungslegung' ist ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Transparenz am heimischen Kapitalmarkt", begrüßte die FMA die Einigung.

Die FMA soll darüber wachen, dass Jahresabschlüsse, Konzernabschlüsse und auch sonstige vorgeschriebene Informationen kapitalmarktorientierter Unternehmen den Rechnungslegungsstandards entsprechen. Gibt es Verdachtsmomente, erstattet sie Anzeige bei den zuständigen Behörden oder informiert die Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Bei Verletzung börserechtlicher Vorschriften wird sie von Amts wegen selbst tätig.

Gleich gelagerte Anzeigepflichten bestehen für private Prüfstellen, die Unternehmensabschlüsse oder -berichte prüfen. Wenn das Unternehmen keine berechtigten Interessen dagegen deutlich machen kann, muss es festgestellte Fehler der Rechnungslegung veröffentlichen. So sieht es die Vorlage vor.

Ab 1. Juli 2013 aktiv

Um ihrer Aufgabe nachzukommen, soll sich die FMA auch der "Österreichischen Prüfstelle für Rechnungslegung" bedienen. Diese ist als Verein organisiert. Das Institut Österreichischer Wirtschaftsprüfer (iwp) und die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) wollen als Gründungsmitglieder des Vereins an der Gestaltung der Enforcementstelle mitarbeiten und sicherstellen, dass eine "effektive und von den Abschlussprüfern unabhängige Kontrolleinrichtung entsteht", schreiben sie in einer Aussendung.

Ihre Arbeit soll die Stelle am 1. Juli 2013 aufnehmen. Anlegerschützer Rasinger kritisierte, dass die frühesten Prüfungshandlungen erst Mitte 2014 gesetzt werden könnten, dass nur das jeweils letzte Jahr geprüft werden solle und dass eine "prohibitiv hohe" Zahlung von Institutionen verlangt werde, die dem  Verein angehören wollen.

Finanziert wird die Prüfstelle von den geprüften Unternehmen selbst mit jeweils 7.500 Euro pro Jahr (Fixbetrag). Allerdings werden auch die Mitglieder des "Prüfvereins" mit 10.000 Euro zur Kasse gebeten. Ein allfällig verbleibender Restbetrag ist den Unternehmen gemäß ihrer Börsekapitalisierung von der Prüfstelle anteilsmäßig zu verrechnen.

Wettbewerbsfähigkeit stärken

Ziel dieser Regelung sei es, den Kapitalmarkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu stärken und das Vertrauen der Anleger in die Integrität und Stabilität des Marktes festigen, erklärt die Parlamentskorrspondenz. Ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand sei nicht zu erwarten. Mit Kosten müsse aber die Wirtschaft rechnen, da die kapitalmarktorientierten Unternehmen den Großteil des Aufwandes zu tragen haben, der durch die Überwachung der Rechnungslegung entsteht. (part, derStandard.at, 29.11.2012)