Anton Holzapfel hält es für gut, dass der Ausnahmenkatalog nun im Bundesgesetz selber festgeschrieben wurde, und nicht mehr auf die Länder-Bauordnungen verweist. Dass für Objekte in denkmalgeschützten Gebäuden ...

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... kein Energieausweis benötigt wird, ist damit passé.

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Schon seit 2009 gibt es eigentlich die Pflicht, bei Verkauf oder Vermietung einer Immobilien einen Energieausweis vorzulegen. Bisher hat das aber kaum jemanden interessiert, unter anderem deshalb, weil es keine Sanktionen gab. Per 1. Dezember ändert sich das nun, da tritt nämlich das neue "Energieausweis-Vorlagegesetz" (EAV-G) in Kraft. Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), erklärt im Interview, was sich konkret ändert und warum er denkt, dass sich der Energieausweis nun auch auf breiter Front behaupten wird können.

derStandard.at: Wird sich der Energieausweis diesmal durchsetzen?

Holzapfel: Ja, denn man braucht jetzt einfach einen gültigen Energieausweis, wenn man ein Objekt verkaufen oder vermieten will. Sonst kriegt man mit der Werbung Schwierigkeiten. Schon im Inserat müssen nun zwei Kennzahlen angegeben werden, nämlich der Heizwärmebedarf (HWB) und der Gesamtenergieeffizienzfaktor (fGEE).

derStandard.at: Dennoch sind noch nicht alle Auftraggeber davon überzeugt?

Holzapfel: Ich höre von unseren Maklern oft, dass manche Auftraggeber noch nicht bereit sind, einen Ausweis machen zu lassen. Die stellen sich nämlich die Frage der Sinnhaftigkeit des Ausweises: Welche Aussagekraft hat er überhaupt?

derStandard.at: Steht zu befürchten, dass es zu einem gewissen "Rückstau" kommen wird?

Holzapfel: Ja, da kann es selbstverständlich zu einer gewissen Verzögerung kommen, was die Versorgung des Marktes betrifft, denn man muss schon drei, vier Wochen warten, bis man einen Termin bekommt. Und rund um Weihnachten herum sind auch viele Gutachterbüros und Sachverständige gar nicht greifbar.

Unsere Makler sind seit Monaten damit beschäftigt, ihre Auftraggeber davon zu überzeugen, einen Energieausweis machen zu lassen. Das ist sehr zäh; es ist nicht so, dass die Eigentümer das gerne machen würden.

derStandard.at: Wenn man als Käufer oder Mieter nach dem 1. Dezember keinen Energieausweis vorgelegt bekommt - welche Möglichkeiten hat man dann?

Holzapfel: Von der EU war vorgegeben, dass "verhältnismäßige, wirksame und abschreckende" Sanktionen einzuführen sind. Der österreichische Gesetzgeber hat das zum einen mit einem zivilrechtlichen Anspruch auf einen Energieausweis gelöst. Man kann den Verkäufer bzw. Vermieter also zunächst nochmals dazu auffordern, einen Ausweis zur Verfügung zu stellen. Wenn der das wieder nicht tut, kann man entweder selbst einen in Auftrag geben und die angemessenen Kosten binnen drei Jahren einklagen, oder direkt die Vorlage eines Energieausweises einklagen.

Der zweite Baustein sind die Verwaltungsstrafen, und zwar - und das ist neu - für gleich zwei Tatbestände: Der eine ist die Nichtangabe der Kennwerte in einem Inserat, das betrifft also vor allem Verkäufer, Vermieter und Makler. Der zweite ist die Nichtvorlage oder Nichtaushändigung eines Energieausweises bei Verkauf oder Vermietung. Auch da gibt's eine mögliche Verwaltungsstrafe, ich rechne hier aber nicht mit einer großen Welle an Strafen. Denn wie sollen Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistrate draufkommen, dass der Energieausweis nicht übergeben wurde? Aber im ersten Fall, also ob die Kennwerte in Online-Portalen oder auf Makler- und Bauträger-Websites angeführt sind oder nicht, das ist relativ leicht erkennbar, hier wird es zu Strafen kommen.

derStandard.at: Nehmen manche Auftraggeber einfach in Kauf, im Fall des Falles die neue Verwaltungsstrafe zahlen zu müssen?

Holzapfel: Wir weisen sie natürlich auch darauf hin, dass es zu einer Verwaltungsstrafe kommen kann. Noch ist die Botschaft aber nicht bei allen angekommen. Wenn die ersten Strafen verhängt werden, wird sich das wohl herumsprechen. Man wird auch erst sehen müssen, wie die zuständigen Bezirkshauptmannschaften und Magistrate mit den Strafen umgehen. Ich nehme nicht an, dass der Rahmen von bis zu 1.450 Euro schon zu Beginn voll ausgeschöpft wird.

derStandard.at: Welche anderen Probleme haben Sie aus der Praxis schon mitbekommen?

Holzapfel: Ein meiner Meinung nach spannender Punkt ist, dass bei Versteigerungen von Immobilien kein Energieausweis nötig ist. Denn im Gesetz steht ganz klar nur "bei Verkauf und Vermietung". In der Praxis könnte es da zu Schwierigkeiten kommen, etwa bei Zwangsversteigerungen. Beispiel: Ein Masseverwalter gibt einem Makler den Auftrag, für eine bestimmte Immobilie einen Käufer zu suchen. Dann ist aber oft keine "Masse" da, aus der man die Erstellung des Energieausweises bezahlen könnte, und der Makler zahlt ihn ganz sicher auch nicht aus seiner eigenen Tasche. Das ist also alles nicht so einfach.

Ein anderer Fall sind Ferienimmobilien. Wenn beispielsweise jemand seine kroatische Ferienwohnung auf einem österreichischen Portal anbieten will, muss er dann die Kennwerte angeben? Wir sagen nein, weil es in Kroatien ein solches Gesetz nicht gibt. Wäre die Immobilie aber in einem EU-Mitgliedsland, dann schon.

derStandard.at: Sie haben schon im Vorfeld der Einführung des neuen Gesetzes darauf hingewiesen, dass es auch bei Wohnungseigentümergemeinschaften zu Problemen kommen könnte. Wie sehen die aus?

Holzapfel: Im Bereich des Wohnungseigentums gibt's schon seit 2009 die Verpflichtung der Verwalter, einen Energieausweis für die Wohnungseigentümergemeinschaft vorrätig zu halten. Die Gemeinschaft hatte aber die Möglichkeit - und hat sie bis heute -, den Verwalter mit Mehrheitsbeschluss quasi von dieser Verpflichtung zu befreien. In sehr vielen Häusern ist das passiert. Nun gibt's aber die neue Situation mit den Verwaltungsstrafen und den Ersatzansprüchen. Und wenn jetzt jemand in so einer Eigentümergemeinschaft seine Wohnung verkaufen oder vermieten will und zum Verwalter geht, weil er einen Energieausweis braucht, muss der sagen: Sorry, aber die Mehrheit hat sich damals dagegen ausgesprochen.

derStandard.at: Was raten Sie in so einem Fall?

Holzapfel: In diesem Fall kann man entweder versuchen, dass dieser Beschluss auf der nächsten Wohnungseigentümerversammlung revidiert wird. Wenn es damals ein Mehrheitsbeschluss war, reicht auch nun wieder die einfache Mehrheit, um den Beschluss aufzuheben. War es eine einstimmige Weisung, muss es auch jetzt wieder einstimmig sein. Im Regelfall wird es aber ein Mehrheitsbeschluss gewesen sein.

Die zweite Variante wäre, selbst einen Energieausweis nur für die eigene Wohnung machen zu lassen. Besser wäre es freilich, den Beschluss zu revidieren und einen Energieausweis für das gesamte Gebäude erstellen zu lassen, denn das wäre für alle Beteiligten wesentlich billiger. Jeder Eigentümer kann dann von diesem Energieausweis gegen Ersatz der Kopierkosten eine Abschrift für eigene Zwecke erhalten.

derStandard.at: Genau das wird allerdings von professionellen Beobachtern kritisch gesehen: Die Zahlen in einem Energieausweis, der für ein ganzes Gebäude gemacht wird, können von einem Ausweis für eine einzelne Wohnung in diesem Gebäude erheblich abweichen. Sehen Sie darin kein Problem?

Holzapfel: Freilich, aber vor allem das Nutzerverhalten kann massive Auswirkungen auf den tatsächlichen Verbrauch in einer Wohnung haben. Insofern halte ich nicht viel davon, dem Energieausweis zu viel an Bedeutung beizumessen, als eine sozusagen einklagbare Sache, von der Haftungen und Gewährleistungen abgeleitet werden. Denn ob beispielsweise eine oder fünf Personen in einer Wohnung leben, und ob dort 20 oder 24 Grad Normaltemperatur herrschen, das hat immense Auswirkungen.

Will ich aber nur eine ungefähre Einschätzung haben, in welchem energietechnischen Zustand ein Haus ist, dann sehe ich das sehr entspannt. Deshalb halte ich auch die in Österreich getroffene Regelung, dass man entweder für ein konkretes Nutzungsobjekt in einem Gebäude, für das gesamte betreffende Gebäude oder für ein vergleichbares Gebäude einen Energieausweis vorlegen muss, für ganz passabel. Die Grundidee, die dahinter steckt, ist die Sichtbarmachung, die Bewusstseinsschaffung für den Energieverbrauch.

derStandard.at: Auf welche Kennzahlen muss man schauen?

Holzapfel: Im Inserat gibt's die Verpflichtung, den Heizwärmebedarf (HWB) anzuführen. Der neue Gesamtenergieeffizienzfaktor (fGEE) ist nicht der Endenergiebedarf selber, sondern das Verhältnis vom Endenergiebedarf zu einer anderen rechnerischen Größe. Wenn dieser Faktor bei 1 ist, dann ist das genau der Soll-Standard aus der Bauordnung. Also das, was die jeweils gültige Bauordnung im Neubau fordert. Ein Wert von 1,0 und darunter ist super. Bei 2,0 sollte man schon genauer hinschauen, bei 3,0 oder größer muss man sich Sorgen machen um die eigene Brieftasche.

derStandard.at: Und beim Heizwärmebedarf?

Holzapfel: Da liegen die Mindestanforderungen in den Bauordnungen beim Neubau so zwischen 70 und 80 kWh/m²a. In den Wohnbauförderungen sind die Maximalwerte teilweise deutlich geringer - um die 50. Generell kann man sagen, dass alles, was deutlich über 100 ist, schon eine genauere Betrachtung verdient. Denn da zahlt es sich dann vielleicht schon aus, zu investieren.

derStandard.at: Die Ausnahme bei denkmalgeschützten Gebäuden ist nun gefallen. Sind Sie damit zufrieden?

Holzapfel: Ja, hier wurde ein großer Kritikpunkt der letzten Gesetzgebung verändert. Damals hat man nämlich im Energieausweis-Vorlagegesetz bei den Ausnahmen auf die jeweiligen Bauvorschriften der Bundesländer verwiesen. Gerade bei den Ausnahmen haben die Bundesländer aber teilweise eine unglaubliche Fantasie an den Tag gelegt, in Wien beispielsweise mit den Schutzzonen. Verkäufer oder Vermieter von Gebäuden in Schutzzonen waren damit generell von der Energieausweis-Vorlagepflicht ausgenommen. Das gibt's nun nicht mehr, es gibt stattdessen einen ganz klar definierten Ausnahmenkatalog im Bundesgesetz selber. Ich halte das für gut, denn warum soll ein Mieter, der eine Wohnung in einem denkmalgeschützten Haus mietet, nicht wissen, was auf ihn zukommt?

derStandard.at: Sind die nötigen Regelungen schon in allen Bundesländern umgesetzt worden?

Holzapfel: Nein. In Wien zum Beispiel wurde die Bauordnung zwar kürzlich novelliert, die ist aber noch nicht in Kraft getreten, sondern erst im Jänner. Auch in den anderen Bundesländern mit Ausnahme von Kärnten muss die Verankerung der OIB-Richtlinie 6 in den bautechnischen Vorschriften erst erfolgen.

derStandard.at: Was bedeutet das dann, wenn man nun trotzdem schon einen Energieausweis machen lassen muss?

Holzapfel: Es kann sein, dass Gutachter die Energieausweise noch nach den alten Richtlinien berechnen. Unser Rat, wenn man in so einem Fall schon jetzt einen Ausweis braucht, ist, dass man den Ausweisersteller dazu verpflichten sollte, den neuen Ausweis nochmals zu schicken, sobald die Neuregelungen in seiner Software drinnen sind. Denn die Daten hat er ja dann schon, es geht nur darum, das Ganze auf einen anderen Kennwert hin auszurechnen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 28.11.2012)