EU-BürgerInnen halten "ethnische Herkunft, "Behinderung" and "sexuelle Orientierung" für die wichtigsten Kategorien bezüglich Diskriminierung.

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Wie denken EuropäerInnen über soziale und politische Themen? Um diese Fragen zu beantworten, gibt die EU-Kommission in regelmäßigen Abständen eine öffentliche Meinungsumfrage - den sogenannten Eurobarometer - in Auftrag, um das Stimmungsbild in der Bevölkerung zu beobachten.

Diskriminierung aufgrund "geschlechtlicher Identität"

Mit dem allerersten Barometer von 1973 wurde die erste europaweite Umfrage überhaupt durchgeführt. Seit 1978 gilt er als repräsentatives Umfragetool, um die Meinungsentwicklung in den Mitgliedsländern festzuhalten. Erfasst wird im Eurobarometer unter anderem auch, wie Diskriminierung rezipiert wird - im Gegensatz zum tatsächlichen Ausmaß von Diskriminierung und Gewalt, die diskriminierte Personengruppen erfahren. Abgefragt wird dabei die Wahrnehmung klassischer Diskriminierungskategorien wie Alter, Geschlecht, Behinderung, Religionszugehörigkeit oder sexuelle Orientierung.

Im neuesten EU-Barometer, der soeben veröffentlicht und für den rund 27.000 BürgerInnen - also etwa 1.000 EinwohnerInnen pro Mitgliedsstaat - befragt wurden, taucht erstmals die Kategorie "geschlechtliche Identität" auf.

Länderspezifische Unterschiede

Dass nunmehr Transgender-Personen berücksichtigt werden, ist begrüßenswert - immerhin meinen auch 45 Prozent der Befragten, dass transgeschlechtliche Menschen diskriminiert werden. Allerdings stehen ihnen auch satte 42 Prozent gegenüber, die beim Thema "gender identity" keinerlei Diskriminierung von Trans-Personen erkennen wollen.

In ähnlicher Weise glauben 46 Prozent der Befragten in der ganzen EU, dass schwule, lesbische und bisexuelle Menschen Diskriminierungen ausgesetzt sind, wohingegen ebenfalls weitere 46 Prozent der Ansicht sind, es gebe hier nur vereinzelt bis gar keine Benachteiligung. Die länderspezifischen Unterschiede sind groß: In Zypern sind 77 Prozent der Befragten der Ansicht, LGB-Menschen würden diskriminiert, in Bulgarien teilen hingegen nur 16 Prozent diese Meinung.

Als die drei wichtigsten Diskriminierungskategorien werden in der Umfrage "ethnische Herkunft, "Behinderung" und "sexuelle Orientierung" genannt - noch vor Alter, Religion oder Geschlecht.

Defizitäres Wissen um eigene Rechte

Interessant sind die Ergebnisse zur Frage, ob BürgerInnen im Fall von Diskriminierung ihre Rechte kennen: 37 Prozent bejahen dies (wobei der Anteil bei Menschen mit Behinderung am niedrigsten ist), doch 48 Prozent geben an, nicht über ihre Rechte informiert zu sein. Ob jemand selbst schon Diskriminierung erlebt hat oder nicht, macht dabei nur wenig Unterschied, wie der EU-Barometer berichtet. Vielmehr würden Alter sowie der Grad an Bildung und Verstädterung den Ausschlag geben.

Aufschlussreich sind auch die Antworten auf die Frage, wohin sich die Menschen wenden würden, wenn sie sich von Diskriminierung betroffen fühlen: Insgesamt nennt etwa ein Drittel die Polizei, vor Gleichbehandlungsstellen, JuristInnen, Gewerkschaften oder NGOs. Auffallend: Jene, die sich selbst einer Minderheit zugehörig fühlen, geben hier unterdurchschnittlich oft die Polizei an - am allerwenigsten LGBT-Personen.

Alles in allem gibt es gegenüber dem letzten Barometer von 2009 zum Thema Diskriminierung jedoch keine signifikanten Unterschiede - abgesehen von der Tatsache, dass einige Länder weniger Diskriminierung wahrnahmen (Schweden, Rumänien, Lettland, Luxemburg, Polen) und einige mehr (Zypern, Slowakei, Griechenland, Slowenien, Belgien). (viyu, dieStandard.at, 27.11.2012)