Während in den USA vor der Krise 2008 viele Immobilien durch Kredite finanziert worden wären, sei die Situation in Österreich eine andere, glaubt manch Experte.

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Die Preise für Immobilien in Österreich steigen weiter. Ein Extrembeispiel: In der Wiener Innenstadt zahlt man für eine Wohnung mit Aussicht mittlerweile bis zu 20.000 Euro pro Quadratmeter. Vor sechs Jahren lag der Preis noch bei 12.000 Euro. Handelt es sich um eine Blase, die wie in den USA vor vier Jahren auch hierzulande zerplatzen wird?

"Eine gesunde Entwicklung ist das jedenfalls nicht", stellt Otto Bammer, Leiter des Instituts für Immobilienwirtschaft an der FH Wien, klar. Die Immobilienpreise seien "angstgetrieben", da die Menschen angesichts der wirtschaftlichen Krisenstimmung die Inflation fürchten. Die Nachfrage an Immobilien sei deshalb so groß, weil diese eine weitaus sicherere Anlage als Aktien seien: "Mit dem Risiko einer Wohnimmobilie schlafe ich gut. Mit dem Risiko eines Aktienportfolios werde ich wahrscheinlich nicht mehr ganz so gut schlafen."

Kein schnelles Geld

Wer sich aber schnellen Reichtum durch Immobilien erwartet, der wird enttäuscht: Dafür brauche man einen langen Atem. 15 bis 20 Jahre müsse man es sich schon leisten können, an einer Immobilie festzuhalten. Und auch dann werde es nur "tröpfeln" - manchmal mehr, manchmal weniger. "Es gilt der Spruch: Wenn Sie eine Immobilie kaufen, dann werden Sie nicht reich, sondern dann bleiben Sie reich", so Bammer.

Geld könne man mit Immobilien nur machen, wenn man mit ihnen handelt und in gewerbliche Liegenschaften statt in Wohnimmobilien investiert. Wer zum Beispiel in ein Shoppingcenter investiert, kann schon mit Gewinn aussteigen. Dafür sei aber auch das Risiko höher, Geld zu verlieren.

Keine Immobilienblase

Dass die Preise am Immobilienmarkt nicht ewig weitersteigen können, ist für Bammer klar. An eine Immobilienblase am österreichischen Markt glaubt er aber trotzdem nicht. Die Preise würden zwar wieder zurückgehen, aber nicht an ihren Ausgangspunkt von 2007 oder gar darunter.

Für Patrick Schenner, Geschäftsführer von ImmobilienScout24 in Österreich, ist der Begriff Immobilienblase ein angstbeladener Ausdruck. Damit habe die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt aber nichts zu tun: Das Interesse an Immobilien sei auf Wertkonservativismus und Alternativenlosigkeit, und nicht auf Angst zurückzuführen.

Der Bubble-Indikator

Die deutsche Plattform ImmobilienScout24, die seit Anfang des Jahres auch in Österreich aktiv ist, untersucht regelmäßig anhand mehrerer Faktoren den Markt und veröffentlicht die Werte ihres Bubble-Indikators. Dieser Indikator belegt laut Schenner, dass Österreich von einer Immobilienblase weit entfernt ist.

Ein Bestandteil der Berechnungskriterien ist etwa das Verhältnis zwischen der Entwicklung der Preise für Eigentumswohnungen und der Entwicklung der Mietpreise. Wenn die Mieten nicht ähnlich stark ansteigen wie die Preise für Eigentumswohnungen, könne von einer "Preisübertreibung" gesprochen werden. Eine solche Entwicklung sei momentan in Salzburg erkennbar.

Trotzdem drohe auch dort keine Gefahr: "Egal wie die Preisentwicklung ist: Solange Nachfrage vorhanden ist, ist von Blase keine Spur", stellt Schenner klar. Die Branche rechne in den kommenden Jahren auch mit einer stabil bleibenden Nachfrage an Immobilien in Wien.

5.000 Euro pro Quadratmeter

Selbst in Teilen der Bundeshauptstadt gebe es aber "Preisübertreibung". Ein Beispiel: Einzelne Wohnungen rund um den Alois-Drasche-Park im 4. Bezirk würden momentan um 5.000 Euro pro Quadratmeter verkauft. "Ich weiß nicht, ob diese Wohnungen wirklich so viel wert sind", so Schenner. Der Preis habe aber nichts mit einer Blase zu tun: "In Österreich wird nichts platzen", ist er überzeugt.

Kaum Fremdfinanzierung

Ein Anzeichen für eine Immobilienblase wäre ein hoher Anteil an Fremdfinanzierung. Während in den USA vor der Krise 2008 viele Immobilien durch Kredite finanziert worden wären, sei die Situation in Österreich eine andere: "Wenn hier jemand eine Wohnung kauft, dann ist das Geld fast zur Gänze da", erklärt Bammer.

Ein anderer entscheidender Unterschied zu Ländern wie Spanien, wo vor einigen Jahren eine Immobilienblase zerplatzt ist, ist für Schenner, dass am österreichischen Immobilienmarkt keine Investoren unterwegs seien, die Wohnungen aufkaufen: "Die Leute kaufen Wohnungen, um darin zu wohnen."

Beruhigung der Lage

Beruhigen wird sich die Situation am Immobilienmarkt nach Einschätzung von Otto Bammer und Patrick Schenner erst, wenn auf den Finanzmärkten wieder Ruhe einkehrt. Patrick Schenner schätzt, dass dies in zwei Jahren der Fall sein wird.

Dann würden auch andere Investitionsformen wieder attraktiver werden. Immobilien hätten nämlich keine absolute, sondern nur eine relative Attraktivität: Es gebe "zig Investmentformen", bei denen man bessere Rendite bekommt.

"Die Leute werden dann Aktien statt eine Wohnung im 5. Bezirk kaufen", prophezeit er. Dann würden die Immobilienpreise stagnieren. "Aber eine Immobilie kann ich angreifen, eine Aktie nicht. Diese Emotionalität wird die Immobilie nie verlieren." (Franziska Zoidl, derStandard.at, 2.12.2012)