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Gedenken um des Gedenkens willen? In Budapest werden am 27. Juni, dem Internationalen Holocaustgedenktag, Luftballons mit den Namen der Opfer in die Luft gelassen.

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Bundespräsident Heinz Fischer in Yad Vashem.

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Der Weg der europäischen Integration wurde nicht zuletzt aufgrund der Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und insbesondere des Holocausts eingeschlagen. Es ist dieses erinnerungspolitische Moment, auf das sich sämtliche europäische Institutionen in Deklarationen stützen. Wie die Annäherung an den und der Umgang mit dem Holocaust abseits von rhetorischen Bekenntnissen implementiert und angegangen werden, untersucht die Politikwissenschafterin Elisabeth Kübler in ihrem Buch "Europäische Erinnerungspolitik. Der Europarat und die Erinnerung an den Holocaust". 

Kübler liefert zunächst einen topographischen Überblick, wie die Holocausterinnerungspolitik im Europarat, in den Institutionen der Europäischen Union, in der OSZE, der UNO und der Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Rememberance and Research organisiert wird.

Der eigentliche Fokus des Buches liegt aber auf der Arbeit des Europarates, der sich im Gegensatz zur bloßen Erinnerung die Holocaust-Erziehung zur Hauptaufgabe gemacht hat. Dieses schwierige Unterfangen wird allerdings, so das Urteil von Kübler, relativ einseitig angegangen. Die Vermittlung des Holocausts bei Schülerinnen und Schülern blendet die Täterperspektive konsequent aus und fokussiert sich fast ausschließlich auf die Lebenswelten der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Weiters konstatiert Kübler eine Entpolitisierung des Umgangs mit dem Holocaust, denn Ideologien, Machtverhältnisse und die dadurch entstehenden Konflikte spielen als Erklärungsansätze in den Programmen des Europarats zur Holocaust Education keine Rolle.

Dieses Ausklammern wirkt sich auch auf die Leitlinien zur Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus aus, in deren Mittelpunkt nicht antisemitische und rassistische Ideologien als Wurzel des Problems stehen, sondern Maßnahmen zum Opferschutz und Antidiskriminierung. Die Förderung eines European Democratic Citizenship, die der Europarat zum Ziel hat, greift deshalb relativ kurz, da sie sich nur auf das Ideal der Akzeptanz von Andersartigkeit stützt und einfordert, dass kein weiterer Holocaust passieren dürfe.

Elisabeth Kübler kommt deshalb zum Schluss, dass eine europäische Erinnerungspolitik gleichzeitig immer auch Handlungsperspektiven entwickeln sollte, damit antisemitischer, antiziganistischer und rassistischer Gewalt auch aktiv entgegengetreten werden kann. (ted/derStandard.at, 1.12.2012)