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Salah Gosh wurde verhaftet.

Foto: Reuters/Abdallah

Persönliche Einleitung: Wenn man sich mit dem gesamten Nahen Osten und Nordafrika befasst, dann hat man schon in "normalen Zeiten" genug zu tun. Momentan ist es - wieder einmal - ein Hinterherhoppeln hinter den Nachrichten. Die Hoffnung war, dass nach der Gaza-Krise Zeit wäre, sich mit längst Überfälligem zu befassen: den Protesten in Jordanien oder der Kriegsgefahr im innerirakischen Grenzgebiet zwischen dem arabischen und dem kurdischen Teil des Irak. Dann kam die Verfassungskrise in Ägypten...

Fast völlig untergegangen ist auch eine Nachricht, die vorige Woche aus dem Sudan kam, einem Land, das am Rande auch in der Gaza-Krise eine Rolle spielte: Zur Erinnerung, vor kurzem flog in Khartum eine Munitionsfabrik in die Luft, und die Annahme, dass die Israelis sie bombardiert haben, um iranische Waffen für die Hamas zu stoppen, ist nicht ganz abwegig. Am Donnerstag hieß es nun in einer Erklärung des Informationsministers Ahmed Bilal Osman in Khartum, dass 13 Personen, darunter hohe Offizielle aus dem Sicherheitsestablishment, verhaftet wurden, weil sie "die Stabilität des Staates und von Führern dieses Staates" im Visier gehabt hätten. Demnach wäre also ein Putschplan vereitelt worden.

Einer der Festgenommenen - und da wird es erstaunlich - ist Salah Gosh, eigentlich General Salah Abdallah. Gosh war jahrelang sudanesischer Geheimdienstchef. 2009 wurde er zum Berater von Präsident Omar al-Bashir gemacht, was bereits eine eindeutige Degradierung war, im Vorjahr wurde er überhaupt in Pension geschickt. Immer wurde gemunkelt, dass Bashir Angst hätte, Gosh würde ihm zu mächtig. In einer geleakten diplomatischen US-Depesche ist zu lesen, dass Gosh 2008 Überlegungen angestellt haben soll, dass ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof gegen Bashir ein erster Schritt zum Sturz Bashirs sein könnte. Auch Gosh wird von vielen Darfur-Aktivisten beschuldigt, an Kriegsverbrechen in Darfur beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sie in Auftrag gegeben zu haben. Gegen Gosh wurde jedoch nie ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Manche glauben, dass ihn die USA schützen - er war nach 9/11 ihr Ansprechpartner bei der sudanesischen Kooperation im US-amerikanischen "war on terror".

Aber aufhorchen lassen auch andere Namen auf der Liste der Verhafteten am Donnerstag in Khartum: etwa der von Mohammed Ibrahim, einem Militär-Veteranen, der schon beim Putsch dabei war, der 1989 Bashir an die Macht brachte. Er wird als Hardcore-Islamist bezeichnet, der auch die Auseinandersetzungen mit dem Südsudan über das Heglig-Ölfeld als "Heiligen Krieg" bezeichnete. Die Agence France Press zitiert Sudan-Kenner mit der Behauptung, dass gleich einige der verhafteten mutmaßlichen Putschisten einer Gruppe nahe stünden, die Bashir vorwerfen, die Werte - vor allem die islamischen Werte - der Revolution verraten zu haben.

Die Hardliner kommen

Erst vor zehn Tagen hat es in Khartum eine Tagung des "Sudanese Islamic Movement" (SIM) gegeben - das ist eine Organisation, die in die regierende National Congress Party (NCP) eingebettet ist, das heißt, an deren Leine hängt. Seit langem wird über das Verhältnis zwischen SIM und NCP diskutiert, manche SIM-Vertreter fordern mehr Unabhängigkeit. Bei der Konferenz in Khartum, der ersten seit langer Zeit, war plötzlich eine größere Gruppe Islam-Hardliner aufgefallen, die sich für einen totalen Kurswechsel stark machten, dabei gab es auch Kritik an der Regierung. Die Islamisten wollen überhaupt die Suprematie des SIM über die NCP und damit über die Regierung. Es wurde bereits von einer Spaltung des SIM gesprochen - was an die Abspaltung des früheren Chefideologen Hassan al-Turabi erinnert, einst ein Gefährte Bashirs, heute einer seiner größten Gegner und ein häufiger Gast im Gefängnis.

Möglich wäre, dass das Regime von Omar al-Bashir diesen neuen - an einem "islamischen Frühling" orientierten - Trend, der sich zu verselbständigen droht, gleich in den Anfängen ersticken wollte und in einem Aufwaschen gleich gegen andere Leute, die es loswerden will, vorging. Es ist aber natürlich auch möglich, dass es wirklich Putschpläne gab. Das Regime wird die Gerüchte nicht los, dass Omar al-Bashir an Kehlkopfkrebs leidet. Sicher ist, dass der 68-Jährige vor kurzem zum zweiten Mal in Saudi-Arabien operiert wurde. Vielleicht sehen wir ja soeben den Beginn des Machtkampfs um seine Nachfolge.