Wien - Die Causa Parkpickerl wächst sich inzwischen zum Umfragen-Schlagabtausch aus: Nachdem die Stadt am Donnerstag Zahlen vorgelegt hatte, wonach 60 Prozent der Wiener Autofahrer die Effekte der Ausdehnung positiv beurteilten, konterte der ÖAMTC am Freitag mit einer eigenen Studie. Diese sieht weiterhin die Gebührengegner in der Mehrheit. Der Autofahrerclub wähnt sich zudem in seinen Forderungen nach flexibleren Abstellzeiten in den Außenbezirken sowie nach mehr P&R-Anlagen bestätigt.

700 Wiener und 300 Pendler befragt

Für die Erhebungen wurden zwischen 1. und 17. Oktober 700 Wiener und 300 Pendler aus dem Umland befragt - und zwar repräsentativ in Alter, Geschlecht und Mobilitätsverhalten, wie Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer des beauftragten market-Instituts, in einer Pressekonferenz versicherte.

56 Prozent der Pendler gegen Parkpickerl

Unter den Wienern sprachen sich 49 Prozent sehr oder eher gegen die Ausweitung der flächendeckenden Kurzparkzone aus, 28 Prozent waren sehr oder eher dafür. Der Rest antwortete mit "weder noch". Die Anti-Pickerl-Fraktion bei den Pendlern wiederum betrug 56 Prozent, jene der Befürworter 14 Prozent.

Beutelmeyer wies darauf hin, dass innerhalb jener Gruppe der Wiener, die sich von der Pickerlausweitung betroffen fühlt, die Ablehnung mit gut 70 Prozent besonders hoch sei. Als Argumente dagegen wurden allen voran "Abzocke" und der Zweifel, dass die Maßnahme tatsächlich mehr Parkplätze bringt, angeführt. Im Pro-Pickerl-Sektor dominierte indes die Begründung, dass dies sehr wohl die Parkplatzsituation verbessere.

Forderung nach fairer Parkraumbewirtschaftung

Das market-Institut hat sich auch nach den Wünschen der Befragten rund um Parkgebühren erkundigt, wobei je 53 Prozent der Wiener sowie der Pendler Schritte als notwendig erachteten, um den Autoverkehr zu reduzieren. "Die Mehrheit hat also Verständnis für die Parkraumbewirtschaftung, aber sie muss fair sein", folgerte Berhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Nicht gerade überraschend konnte sich auch mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer für längere Abstellzeiten und billigere Garagenplätze erwärmen.

Der Autofahrerclub sieht sich darin in seiner Forderung nach "Grünen Zonen" außerhalb des Gürtels bestätigt. Dort sollte man zwar fürs Parken zahlen müssen, allerdings ohne Zeitlimit stehen bleiben dürfen. Gefordert wurde außerdem der Bau weiterer P&R-Anlagen sowie eine Zweckbindung der Einnahmen durch die Parkgebühren für die Errichtung von Anrainergaragen mit günstigen Tarifen.

SPÖ für gemeinsame Zone in 18. und 19. Bezirk

Wiens Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) hat kürzlich angekündigt, gemeinsam mit den ÖVP-geführten Bezirken Meidling, Währing und Döbling eine Lösung in Sachen Parkraumbewirtschaftung erarbeiten zu wollen. Indes prescht nun die SPÖ vor und plädiert für eine gemeinsame Pickerlzone für den 18. und 19. Bezirk. Dies sei "vorstellbar und sogar wünschenswert", sagte der Döblinger SP-Chef Franz Ekkamp, der auch im Gemeinderat sitzt, am Freitag in einer Aussendung.

Unterschriftensammlung für Parkpickerl

Innerhalb der Währinger ÖVP vollziehe sich derzeit ein Schwenk in Richtung Gebührenpflicht. "Sollte die Parkraumbewirtschaftung auch in Währing eingeführt werden, bedeutet das für Döbling, dass (ÖVP-Bezirksvorsteher Adi, Anm.) Tiller jetzt handeln muss, um chaotische Parkplatzverhältnisse zu verhindern", prognostizierte Ekkamp. Wie die roten Kollegen im 18. sammeln auch die Sozialdemokraten im benachbarten 19. Bezirk Unterschriften pro Einführung. In Währing könnte das Pickerl bekanntlich schon am 13. Dezember in der Bezirksvertretungssitzung beschlossen werden. Rot-Grün hat dort gegenüber Schwarz-Blau nämlich eine Mandatsmehrheit.

Tiller sagte der APA am Freitagnachmittag, dass er sich einer guten "gemeinsamen West-Lösung" nicht verschließen werde, sollte diese zustande kommen.

Gemeinsame Lösung für westliche Außergürtel-Bezirke

Er persönlich brauche das Pickerl weiterhin nicht, unterstrich Tiller. Aber sollte man sich mit Vassilakou darauf einigen, dass es eine gemeinsame Lösung für alle westlichen Außergürtel-Bezirke - also von Meidling bis Döbling - geben wird, werde man sich nicht verschließen. "Warum auch, wenn es eine billigere Lösung und etwas Klasses ist", so der Bezirksvorsteher. Da die Verkehrsstadträtin bei ihrem ersten Treffen mit den ÖVP-Bezirkschefs versprochen hat, alle Vorschläge von schwarzer Seite zu berücksichtigen, sei er durchaus "hoffnungsreich", in dieser Sache auf einen grünen Zweig zu kommen.

Tiller berichtete von "sachlichen Gesprächen". Ein nächster Termin der ÖVP-Bezirkschefs aus Hietzing, Währing und Döbling mit Vassilakou sei bereits vereinbart worden. Er findet am 18. Dezember statt.

Grüne Kritik an ÖAMTC-Umfrage

Der grüne Verkehrssprecher Rüdiger Maresch übte indes Kritik an der am Freitag präsentierten ÖAMTC-Umfrage. Diese gebe nämlich keinerlei Auskunft darüber, in welchen Gebieten Wiens gefragt wurde: "Denn eines ist klar: In Gegenden, wo die Parkraumbewirtschaftung nicht eingeführt wurde, gibt es Parkplatzprobleme." Dass Pendler, die bis vor kurzem kostenlos geparkt haben, weiterhin nichts zahlen wollen, sei von vornherein klar gewesen. Es gehe aber um Verkehrslenkung und mehr öffentlichen Raum, argumentierte Maresch.

Rückenwind von FPÖ und ÖVP

Argumentativen Rückenwind verspürten hingegen FPÖ und ÖVP. Für den blauen Rathaus-Klubchef Johann Gudenus sind die ÖAMTC-Zahlen ein Beleg dafür, "wie realitätsfern diese rot-grüne Stadtregierung ist". ÖVP-Chef Manfred Juraczka ortet ebenfalls einen Beleg dafür, "dass die vermeintliche 'Erfolgsgeschichte Parkpickerl' in Wahrheit ein gewaltiger Flop ist". Die Ergebnisse sollten Vassilakou zu denken geben. (APA, 23.11.2012)