Gernot Zweytick beschäftigt sich berufsbedingt schon viele Jahre damit, wie Altbrot vernünftig wiederverwertet werden könnte. Wobei er zweierlei feststellen konnte: Die naheliegendste Verwertung - die Verfütterung an Tiere - wird aufgrund unterschiedlichster gesetzlicher Auflagen zunehmend schwierig, ja, unmöglich gemacht. Und: Altbrot als Grundstoff für abbaubare Verpackungsstoffe wird zwar schon lange angedacht, dürfte aber erst jetzt kurz vor seiner massentauglichen Anwendung stehen.
Über 40.000 Tonnen entsorgt
Zweytick ist Studiengangsleiter der Austrian Marketing University of Applied Sciences am Campus Wieselburg der Fachhochschule (FH) Wiener Neustadt. Davor war er Assistent am Department für Lebensmittelwissenschaften und Technologie der Universität für Bodenkultur in Wien (Boku). Als solcher beschäftigte ihn immer wieder das enorme Altbrotaufkommen in Österreich. Nach einer Boku-Untersuchung aus dem Jahr 2009 werden täglich 9,5 Prozent des produzierten Brotes weggeworfen. Dies summiert sich in Österreich auf ein jährliches Aufkommen von 40.500 bis 62.500 Tonnen an Altbackenem.
Im Rahmen einer Masterarbeit an der FH wurde nun untersucht, wie herkömmliche Verpackungsmaterialien auf Erdölbasis durch biologisch abbaubare Packstoffe ersetzt werden könnten. Und: Wie diese Packstoffe nicht aus den bereits gängigen Grundmaterialien Mais- oder Kartoffelstärke hergestellt werden könnten, sondern aus Altbrot.
Heikle Nahrungsmittel-Diskussion
"Man müsste das Brot aufreinigen", erläutert Zweytick, "schließlich sind im Altbrot Proteine und Fette enthalten." Der Herstellungsprozess wäre dadurch etwas aufwändiger. Der Stoff hat dann die gleichen Eigenschaften wie die im Handel bereits erhältlichen Verpackungen - etwa Obstsackerl und Kartons aus Mais- oder Kartoffelstärke. Der Vorteil der Verpackungen aus Brot: Der "Abfall" Altbrot kostet die Hersteller nichts. Die biologisch hergestellten Packstoffe bauen sich innerhalb von einigen Wochen ab. Dagegen sind die herkömmlichen Verpackungen auf Erdölbasis langlebig. Sie zerfallen erst nach mehreren hundert Jahren zu immer kleineren Teilchen.
Die Nachteile erinnern an die Diskussion um den Agrartreibstoff E10: Die Nutzung von Brotgetreide für andere Zwecke als Essen wird kritisch gesehen. Zweytick: "Natürlich wäre es besser, wenn nicht täglich zu viel Brot gebacken würde. Doch der Konsument verlangt bis zum Handelsschluss volles Sortiment." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 23.11.2012)